GRIP 66
12/20/2022
Wir sind im Cineastischen zu Hause
In einer großen Themen- und Genrevielfalt etabliert sich derzeit die junge Darmstädter Filmschmiede Fourmat Film in der hessischen Filmbranche. Seit 2017 entwickeln fünf junge Filmemacher*innen Spiel-, Dokumentar- und Werbefilme und konnten dabei bereits auf ihre bewährte Zusammenarbeit bei Studienprojekten an der Hochschule Darmstadt im Studiengang Motion Pictures zurückgreifen.
Von Birgit Schweitzer
Durch das vielseitig spezialisierte Team legt Fourmat Film den Fokus auf verschiedene Aspekte eines Films. Zu den vier Gründern Nicolas Kronauer (Produktion), Matthias Kreter (Regie, Drehbuch), Marc Tressel-Schmitz (Kamera) und Antoine Schweitzer (Ton, Postproduktion) ist 2019 Producerin Marie Marxmeier hinzugekommen. Den Studien-Abschlussfilm der Gründer „8:27“ (Regie: Matthias Kreter) realisierten sie schon unter Fourmat Film. Fünf böse-lustige Episoden erzählen, wie sich Menschen auf unterschiedliche Weise auf das nahende Ende einstellen, wenn die Sonne erlischt, deren letztes Licht noch 8 Minuten und 27 Sekunden bis zur Erde braucht. Der Kurzfilm lief im Hessen Talents Programm der Berlinale und erhielt beim Boston Sci Fi Fest den Preis für den Besten Kurzfilm. Das erste Langfilmprojekt „The Expert at the Card Table. Looking for Erdnase“ ist seit August online verfügbar, nachdem das Dokudrama vergangenen Sommer auf Kinotour zu sehen war. Regisseur Hans-Joachim Brucherseifer begibt sich darin auf die Suche nach dem ominösen Magier S. W. Erdnase, dem das 1902 im Filmtitel benannte Standardwerk der Karten-Zaubertricks zugeschrieben wird. Fourmat Film erhielt 80.000 Euro Produktionsförderung von der HessenFilm und Medien. Gedreht wurde in Frankfurt, Darmstadt, auf Schloss Braunfels, in Osnabrück sowie in den USA.
HessenFilm erkennt Talent
Jüngst fiel die letzte Klappe bei den Dreharbeiten zu „Chaos und Stille“ in der Regie von Anatol Schuster, eine Tragikomödie, die in Kooperation mit der Frankfurter Zwillingfilm entsteht. Ein weiteres Projekt, eine Koproduktion mit dem SWR, steht bereits in der Pipeline. Im nächsten Jahr dreht Matthias Kreter „Ein Abend im Dezember“. In dem von HessenFilm geförderten Drama gerät ein Adventsdinner aus den Fugen, als eine Familie die Nachricht über einen Terroranschlag in einem Club erreicht, in dem sich möglicherweise die jüngste Tochter der Familie aufhält.
HessenFilm gewährte den aufstrebenden Newcomern im letzten Jahr außerdem eine Talent-Paketförderung in Höhe von 150.000 Euro. Drei Spielfilmprojekte, ein Liebes-Flüchtlings-Drama, ein Biopic über Freiherr von Knigge, ein Psychothriller sowie eine Dokumentarfilmserie zum Thema der Inobhutnahme von Kindern werden zur Drehreife entwickelt – eine breite Themenspanne. „Die Coronazeit, als viele Werbeaufträge weggebrochen sind, haben wir genutzt, die Spielfilm- und Dokukonzepte, die in unseren Schubladen lagen, weiter auszubauen“, erklärt Produzent Nicolas Kronauer. Denn neben der Spiel- und Dokumentarfilmproduktion ist Werbung ein Standbein der Firma, das unter anderem die Finanzierung des Büros in der Wittichstraße mit drei Räumen und einem Ton- und Bildstudio erlaubt. „Wer in Deutschland im Spielfilmbereich Fuß fassen möchte, braucht einen langen Atem, bis sich davon leben lässt. Werbefilme zu produzieren ist eine Möglichkeit oder als Dienstleister für andere Produktionsfirmen zu arbeiten. Wir haben früh angefangen, auch Werbefilme zu drehen. So konnten wir die Firma aufbauen. Fünf Jahre darf die Übergangszeit dauern, haben wir uns gesagt“, so Kronauer.
Werbung als Standbein
Ihre Eintrittskarte in die Werbung war Matthias Kreter, der nach dem Bachelor in Darmstadt ein Regiestudium in Ludwigsburg anhängte. Die Filmemacher konnten sich dadurch auf Werbekonzept- Ausschreibungen der Drittmittelagentur der Filmakademie bewerben. Bei Bosch oder der Hessischen Finanzverwaltung, die Fourmat Film nun in ihrer Referenzliste aufführt, punkteten die jungen Filmschaffenden mit ihren kreativen und ungewöhnlichen Konzepten. Nachdem sie auf diese Weise für das Bosch Smart-Home- System einen Werbefilm drehten, öffneten sich neue Türen. Langfristig sehen sie sich jedoch im Bereich Kino und Streaming. „Wir sind im Cineastischen zu Hause“, sagt Kronauer.
Auch institutionell – als Mitglied im Produzentenverband und in der AG DOK – beteiligt sich die Fourmat Film GmbH am Filmgeschehen. Nicolas Kronauer ist Vorsitzender der Nachwuchssektion im Produzentenverband und Marie Marxmeier ist eine der Sprecher*innen der Jungen Generation Hessischer Film.
Kategorie: Firmenportrait (GRIP FACE)
Schlagworte: Nachwuchs, Filmproduktion, Institution, Filmförderung, Spielfilm, Dokumentarfilm, Werbefilm
