GRIP 50

5/1/2014

Leidenschaft für Medien, Kunst und Design

Ein Nachruf auf den früheren HfG-Hochschullehrer Lothar Spree

Von Bernd Kracke

Leidenschaftlich wäre zu kurz gegriffen, um das Leben und Arbeiten Lothar Sprees zu beschreiben. Er war das, was man einen Tausendsassa nennt. Dabei berührte er die Dinge und Themen nicht bloß an der Oberfläche, sondern er ging – egal was er anpackte – stets in die Tiefe, den Sachen auf den Grund. Das Sichtbare, die Imagination und die Bildsprache, so sagte er einmal, seien seine Leidenschaften, sein Antrieb.

Sein Rüstzeug erhielt Lothar Spree an der legendären Hochschule für Gestaltung, der hfg ulm. Dort studierte er Visuelle Kommunikation. Am institut für filmgestaltung ulm, das er mitbegründete, studierte er schließlich bei Edgar Reitz, Alexander Kluge und Detten Schleiermacher Film. Diese Ausbildung, sagte er, habe ihm nicht nur die Möglichkeit der Vertiefung von Wissen gegeben, er habe sich auch seinen eigenen Beruf kreieren und – unter der Wahrung von Traditionen – den modernsten Weg gehen können. Kreativität, Innovation, Avantgarde – für Lothar Spree nicht bloß Schlagworte, sondern Inspiration für sein Schaffen in der Kunst, im Design, in den Medien und in der Lehre.

Lothar Sprees Interessen waren so vielfältig wie seine Tätigkeiten: Film, Archäologie, Musik, Oper, Architektur, Design, Geschichte, Kunst, aber auch Wirtschaft und Technologie. Und überhaupt: der technologische Wandel. An vorderster Front ebnete Lothar Spree – auch dem künstlerischen Nachwuchs – den Weg vom guten, alten analogen Film bis hin zur virtuellen Realität des digitalen Zeitalters. Er sagte einmal, dass er stolz darauf sei, die ganze Bandbreite der Medien selbst zu beherrschen. Das konnte er zu Recht sein. Er machte Filme (es waren mehr als 100 in verschiedenen Genres), er war Medienkünstler, er veröffentlichte, er lehrte an Hochschulen, er entwarf Corporate Designs, er vernetzte Kultur(en) – und er produzierte Fernsehsendungen in Deutschland, Italien, der Türkei, Kanada, den USA und in Asien.

Sogar als Revolutionär wurde er bezeichnet, als Impulsgeber, Schöpfer und Erfinder; aber er war auch Lehrer, Dekan, Professor, Netzwerker – an Universitäten in Kanada, Deutschland und China, wie beispielsweise an der berühmten Tongji Universität in Shanghai, an der HfG Karlsruhe und am Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe, an der Bauhaus Universität Weimar, am Ontario College of Art. Zwei Jahre lang – von 2001 bis 2002 – lehrte er in der Nachfolge von Helmut Herbst im Lehrgebiet Film/Video an der HfG Offenbach. Auch danach blieb er überzeugter HfGler, als er dem Ruf an die Tongji Universität Shanghai folgte, wo er im Rahmen eines vom DAAD geförderten Projekts mit der HfG kooperierte. Es folgte ein mehrjähriger intensiver Austausch zwischen den beiden Partnerhochschulen, ihren Studierenden und Lehrenden, der zu einer immer noch bestehenden Kooperation führte – und Lothar Spree war das verlässliche Bindeglied.

Am 6. Dezember 2013 ist Lothar Spree im Alter von 71 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Berlin gestorben. Er war einer der ganz wichtigen Motoren, Impulsgeber und Denker, die den Spirit der HfG Offenbach nicht nur verinnerlicht, sondern ihn auch gelebt und vertreten haben. Für ihn war die Integration von Medien, Kunst und Design eine Herzensangelegenheit. Seine Inspiration, sein Engagement und seine Vehemenz fehlen jetzt.

* Bernd Kracke ist Präsident der HfG Offenbach

Kategorie: Nachruf

Schlagworte: Ausbildung/Weiterbildung/Studium, Filmemacher*in

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