GRIP 50

5/1/2014

Die kulturellen Farben eines Kontinents

Zum 20. Mal fand in Frankfurt das Festval „Africa Alive“ statt

Von Claudia Prinz

Als im Jahre 1994 eine Gruppe engagierter Kulturschaffender verschiedener Nationalität dem Filmmuseum vorschlug, ein afrikanisches Filmfestival zu veranstalten, nahm diese Idee schnell Gestalt an. Man wollte dem eurozentristischen Blick auf den afrikanischen Kontinent in den Medien, der immer nur auf Krankheit, Krieg und Katastrophen gerichtet war, etwas entgegensetzen und zeigen, was an Kultur, insbesondere Filmkultur und Potential in Afrika vorhanden ist.

Schon bald, 1995, startete das Festival erstmals im Kommunalen Kino des Filmmuseums, ein Jahr darauf kam mit dem Filmforum Höchst ein weiteres Kino hinzu, das anfänglich seinen Schwerpunkt auf nordafrikanische und kabylische Filme legte. Inzwischen werden alle Filme auf beide Kinos verteilt, so dass Wiederholungen im jeweils anderen Stadtteil möglich sind.

Eine große Organisationsgruppe, zu der neben den beiden Kinos noch der Verein Dialog International, die Africa Foundation und Afroton gehören, bereitet „Africa Alive“ jeweils vor. Die unterschiedlichen Organisatoren sind ein Garant für die Vielfalt und den hohen Standard des Filmfestivals und seines kulturellen Rahmenprogramms, denn das Filmangebot wird durch Lesungen, Ausstellungen Bildender Kunst und Musik ergänzt. Als Gäste des Festivals haben zudem die afrikanischen Künstler die Möglichkeit, ihre Werke samt ihrer Visionen und Ideen persönlich vorzustellen und zu diskutieren. Dies schafft Raum für intensive Begegnungen, was „Africa Alive“ auch zu einem Publikumsmagneten gemacht hat. Es ist inzwischen als wichtiges Forum für Afrika international anerkannt und war mehrfach UNESCO-Projekt.

Mit dem Termin im Januar/Februar steht das Festival jeweils am Anfang der Festivalsaison in Frankfurt, ein Platz der ihm jedes Jahr circa 2000 Zuschauer garantiert. Gezeigt werden in erster Linie aktuelle afrikanische Produktionen, wie sie alle zwei Jahre beim FESPACO Festival in Ouagadougou (Burkina Faso) zu sehen sind, daneben länder-, sprach- oder themengebundene Schwerpunktprogramme, die sich unter anderem mit Neokolonialismus, dem lusophonen Afrika oder der Geschichte des afrikanischen Films beschäftigen.

Die in den Filmen aufgegriffenen Themen haben sich im Laufe der Zeit verändert. Ein neue Generation von Filmemachern setzt, sich auf eigene Art mit dem Kontinent auseinander. Dabei bestehen große Unterschiede zwischen Nordafrika und dem Afrika südlich der Sahara, was auch der Politik der früheren Kolonialmächte geschuldet ist. Frankreich etwa hat immer das Filmschaffen unterstützt, es gleichzeitig aber auch dominiert, indem die Postproduktion grundsätzlich in Frankreich stattfinden sollte.

In den ehemaligen englischen Kolonien war diese Anbindung weniger stark, wodurch sich zum Beispiel in Nigeria eine ganz eigene Filmindustrie entwickelt hat, die als "Nollywood-Produktion“ bekannt und berühmt wurde. Es sind sehr billige, auf Video gedrehte Filme, ausschließlich für den afrikanischen Markt bestimmt.

„In Afrika werden sehr viele Filme produziert“, sagt Klaus-Peter Roth vom Filmforum Höchst, Mitorganisator seit den Anfängen. „Es ist natürlich ein riesiger Unterschied zwischen dem, was in Algerien, Tunesien und Marokko und was in Mali oder im Kongo gemacht wird. Mit Südafrika haben wir ein sehr entwickeltes Land und eine entwickelte Filmindustrie, und auch in Nordafrika haben wir immer schon eine sehr starke Filmindustrie gehabt, in der auch die Frauen eine große Rolle spielen. Das ist ein großer Unterschied zu den Filmen, die südlich der Sahara gedreht werden. Die Filme sind von der Beschaffenheit des Landes, von der Religion oder vom Klima geprägt und natürlich auch davon, wo die Filmemacher ihr Handwerk gelernt haben."

Nicht selten gehen die Filmemacher Afrikas zum Studium ins Ausland und pendeln schließlich zwischen Europa und Afrika hin und her, wodurch sich die Sichtweisen verändern. "Sie zeigen ein Leben zwischen den Kontinenten und gehen anders auf ihr Publikum zu." Als anschauliches Beispiel verweist Roth auf den kongolesischen Film "Viva Riva" von Djo Tunda Wa Munga, der wie ein Krimi mit Action-Elementen daherkommt und somit im Gegensatz steht zu früheren Filmen wie denen etwa von Ousmane Sembene, die eher einen pädagogischen Anspruch hatten.

„Africa Alive“ ist ein lebendiges Festival. Es hat viele Unterstützer wie die Hessische Filmförderung, das Institut Français, das Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt und Brot für die Welt und wird, so will man hoffen, noch viele Jahre die Kultur des Kontinents verbreiten. Sein Name ist Programm.

Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)

Schlagworte: Festival, Filmkultur, Filmförderung, Kino

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