GRIP 50

5/1/2014

Bezahlbare Räume für Kreative

Main-Raum und Radar – zwei städtisch geförderte Modelle zur Existenzgründung

Von Daniel Güthert

Daß Frankfurt nicht nur eine Banken- und Finanzmetropole ist, sondern auch Zentrum der Kreativwirtschaft, geht bisweilen unter. Übersehen wird leicht die große Zahl an Werbefirmen, Kommunikationsunternehmen, Verlagen, Architekturbüros, an Ateliers und Betrieben der Filmproduktion, die hier ihren Sitz haben. Dieses Potential am Ort zu halten, hat sich die Stadt seit geraumer Zeit auf die Fahnen geschrieben und wartet seither mit gezielten Fördermaßnahmen auf. Als 2008 in einer von der Wirtschaftsförderung veranlassten Studie offenbar wurde, dass es für Existenzgründer und junge Kreative vor allem an geeigneten, erschwinglichen Gewerbeflächen mangelt, hat die Stadt reagiert. 2010 hat sie das „Main-Raum“-Gründerzentrum ins Leben gerufen. Im Ostend, im Medienhaus an der Ostbahnhofstraße angesiedelt, bietet das "Main-Raum“ dort auf einer weiträumigen Etage insgesamt 17 modern ausgestattete Büroeinheiten an, die zu vergünstigten Konditionen – um die 300 Euro Bruttomiete je nach Größe – angemietet werden können. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten sind die attraktiven Arbeitsplätze inzwischen heiß begehrt und so gut wie ausgebucht, wie die Referentin der Wirtschaftsförderung, Manuela Schiffner, bestätigt. "Namentlich die kleineren und mittleren Büros sind sehr stark nachgefragt." Für den Wirtschaftsdezernenten der Stadt, Markus Frank (CDU), sei dies ein mustergültiges Beispiel dafür, dass es sich lohne, Gründer und Kreative durch innovative Fördermaßnahmen zu unterstützen. "Die Gründung von Main-Raum war ein wichtiger Schritt für den Kreativwirtschaftsstandort Frankfurt. Von dem Projekt geht eine Signalwirkung für die ganze Branche aus und fördert die nachhaltige Entwicklung und Netzwerkbildung von kreativen und kluge Köpfen in unserer Stadt“

2011 wurde dann ein weiteres Instrument geschaffen, um bezahlbare Atelier- und Büroflächen für die Kreativsparte zu generieren. Ein Förderprogramm, das unter dem arg sperrigen Titel „Frankfurter Programm zur Förderung des Umbaus leerstehender Räume für Kreative“ daherkommt und von der Projektagentur Radar verwaltet wird. Im Prinzip funktioniert das Modell als Private-Public-Partnership. Die Stadt beteiligt sich an den Sanierungs- und Umbaukosten leerstehender Gewerbeimmobilien. Im Gegenzug verpflichten sich die Eigentümer, die Räume dann für mindestens fünf Jahre preisgünstig an Start-up-Betriebe oder Existenzgründer aus dem Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft zu vermieten. 275.000 Euro sind dafür jährlich im Haushalt eingestellt. Gerade erst ist das Projekt auf weitere zwei Jahre verlängert worden. Die europaweite Ausschreibung, die aufgrund des EU-Rechts erforderlich war, hat Radar gewonnen.

Nahezu 70 Objekte seien bislang von Radar vermittelt worden, zu Mietpreisen zwischen fünf und zehn Euro pro Quadratmeter – je nach Standort, wie Jakob Sturm erläutert. Sturm ist Begründer der Agentur, die er heute gemeinsam mit dem Partner Felix Hevelke betreibt. Nach seiner Aussage seien gegenwärtig die bevorzugten Lagen das Bahnhofsviertel und die Innenstadt. Aber auch im Gallus, im Gutleutviertel und im Ostend, sowie in Fechenheim oder Höchst böten sich attraktive Entwicklungschancen.

Dabei geht es im Kern dieses Fördermodells nicht ausschließlich darum, dem Defizit an finanzierbaren Mietobjekten entgegenzuwirken, sondern auch darum, stadtplanerische Akzente zu setzen. Denn die Sanierung und Belegung ungenutzter Gebäude zieht erfahrungsgemäß eine Aufwertung auch strukturschwacher, entlegenener Quartiere nach sich. "Das Programm schafft eine ausgesprochene Win-Win-Situation für alle Teilnehmer - für die Kreativen, die Hauseigentümer wie auch für die Stadtteile," unterstreicht Sturm, der sich seit Beendigung seines Studiums an der Hochschule für Gestaltung (HfG) immer wieder mit Stadtentwicklungsfragen befasst hat.

Maßgeblich war er 2002 an der Gründung des Vereins "Raumpol" beteiligt, dessen Gründungszweck es war, Gewerbeleerstand für kurzzeitige Kunstprojekte nutzen zu können. Bestes Beispiel die Diamentenbörse, wo vorübergehend Live-Performances, großflächige Installationen und Konzert-Events Raum fanden. Auch mit Radar kümmert sich Sturm jetzt um diese Nische der sogenannten Zwischennutzung, von der solche Unternehmungen profitieren, die für ihre Aktionen befristete Standorte benötigen wie beispielsweise das Lichter Filmfest oder die Biennale des bewegten Bildes - B3 im vergangenen Jahr. Somit funktioniert Radar inzwischen als gut eingespielte Relaisstation, die fortlaufend Anfragen, Informationen und Daten austauscht und zielgerichtet Interessenten berät. Mehr dazu und zu aktuellen Angeboten im Internet unter www.radar-frankfurt.de.

Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)

Schlagworte: Wirtschaftsförderung, Filmpolitik, Nachwuchs, Filmproduktion, Filmwirtschaft

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