GRIP 40
5/1/2009
Filmförderung in Hessen
Blühende Filmlandschaften oder Potemkische Dörfer? – Wo steht die hessische Filmförderung derzeit?
Von Daniel Güthert
Mehr als einmal hat in den vergangenen Jahren die Politik den Aufbruchwillen bekräftigt, Hessen zu einem führenden Medienstandort auszubauen. Zumal eine Kulturwirtschaftsstudie vor einigen Jahren belegt hatte, welche konjunkturelle Schubkraft in dem Wirtschaftszweig steckt, der laut Studie inzwischen mehr Arbeitplätze und Umsatz generiert in Hessen als die Chemieindustrie. Von 80.000 Beschäftigten und 2,4 Milliarden Euro Umsatz ist darin die Rede.
Da paßte es ins Bild, daß nach jahrelangen Ringen der Branche mit Hessen Invest Film 2002 erstmals ein Wirtschaftsprogramm zur Stärkung des Filmstandortes aufgelegt und 2006 verlängert worden ist. Und ins Bild paßte etwa auch, den Hessischen Filmpreis im Laufe der Jahre immer mehr aufzuwerten. Nicht durch die Anhebung der Preise – die liegen seit zehn Jahren unverändert bei 178.00 Euro –, aber durch eine Abendgala, die keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Doch wie sieht die Realität für die hiesige Branche hinter der Glitzerfassade und jenseits des roten Teppichs aus? Stimmen die Relationen noch? Immerhin sind mit Einführung von Hessen Invest Film von 2002 bis Ende 2009 Darlehensmittel von insgesamt knapp 30 Millionen Euro bereit gestellt worden, wovon bis dato circa 21,5 Millionen verbraucht sind.
Dagegen hat sich in punkto kulturelle Filmförderung, die für die hessische Dokumentar- und Kurzfilmszene geradezu unverzichtbar ist, in den letzten zehn Jahren so gut wie nichts getan. 1,4 Millionen Euro stehen zur Verfügung, von denen gerade ein Bruchteil für die reine Projektförderung frei ist, nämlich 400.000 Euro; der Rest ist durch institutionelle Fördermaßnahmen, wie den Hessischen Filmpreis, das Kino- und Filmbüro und ähnliches gebunden. Kein Etat also, um große Sprünge zu machen.
Das räumt auch Maria Wismeth, die Geschäftsführerin der Hessischen Filmförderung ein. Für die Frühjahrssitzung im März 2009 lagen 85 Anträge vor – quer durch die Bank aus allen Genres. "Wir hätten 750.000 Euro gebraucht, so viele vielversprechende Projekte hatten wir", wie Maria Wismeth bestätigt. So mußten etliche Anträge schon allein aus Finanzgründen abgelehnt werden, wie etwa auch das Vorhaben des Bundesfilmpreisträgers Caspar Arnhold "Chuquicamata", obwohl dem ambitionierten Stoff um Kindesmißbrauch, um Schuld und Verstrickung hohes künstlerisches Potential bescheinigt wurde. "Aber wir können nicht 75.000 Euro und mehr in ein einzelnes Projekt stecken, wenn wir nur 200.000 Euro haben", beschreibt die Chefin der Filmförderung das Dilemma.
Aus der Sicht des Frankfurter Filmproduzenten Daniel Zuta, der auf den jungen Regisseur Arnhold große Stücke hält, ein fragwürdiges Verständnis, wenn Hessen nicht einmal eine Anschubfinanzierung bewerkstelligen könne, und wenn es nur 30.000 Euro wären. "Denn nur dann hätten wir auch Zugang zu anderen Fördertöpfen."
Längst ist dieser Engpaß in der Förderstruktur bekannt. Wiederholt hatte die Branche demzufolge für eine nennenswerte Aufstockung der Mittel plädiert. Jetzt aber hat sie sogar Rückendeckung seitens der Investitionsionsbank Hessen (IBH) bekommen. In ihrem Konzeptpapier "Ein Pakt für die Filmförderung in Hessen" hat die IBH unterstrichen, welcher Stellenwert der kulturellen Filmförderung namentlich in Hessen zukommt und hat eine Verdoppelung des Etats auf 3 Millionen Euro für angemessen erklärt.
Auch in anderen Punkten erweckt das IBH-Papier den Eindruck, als suche die Bank den engen Schulterschluß mit der Hessischen Film- und Medienwirtschaft, indem sie sich eine Fülle bekannter Positionen der Branche zueigen macht und sie untermauert, wie etwa die Empfehlung, auch Hessen Invest Film finanziell deutlich besser auszustatten, mit 10 Millionen Euro pro Jahr statt bisher 5 Millionen.
Auf Seiten der Branche ist man allerdings gegen diesen IBH-Vorstoß Sturm gelaufen. "Einer konstruktiven Weiterentwicklung des Film- und Medienstandortes Hessen kann das Papier nicht dienen", faßt Karl-Eberhard Schäfer (U5-Filmproduktion), Sprecher der Vereinigung des Hessischen Filmwirtschaft, den Unmut zusammen. Vorgehalten wird der IBH zum einen der Alleingang in der Sache, ohne jegliche Absprache mit den Branchenvertretern. Und zum anderen moniert Schäfer den Tenor des Strategiepapiers, wonach die Bank der Gründung einer Medien Gmbh. eine klare Absage erteilt und sich selbst als Koordinator empfiehlt. "Damit bliebe alles beilm alten, versehen lediglich mit einem anderen Label. Das ist mit uns nicht zu machen", so Schäfer unmißverständlich.
Ganz so kritisch schätzt Filmproduzent Ernst Szebedits (Neue Pegasos), der auch Mitglied der IBH-Vergabekommission ist, das Vorgehen der IBH nicht ein, denn immerhin zeuge es ja von begrüßenswerter Einsichtsfähigkeit der Bank, "die damit unsere seit Jahren vertretenen Empfehlungen einer konkurrenzfähigen, nachhaltigen Filmförderung nahezu in allen Punkten bestätigt", so Szebedits, und fügt vielsagend hinzu: "Jetzt bräuchte man nur noch die entsprechenden Fachleute, die das umsetzen und leiten."
Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)
Schlagworte: Filmförderung, Filmpolitik, Wirtschaftsförderung
