GRIP 37
11/1/2007
Das Ende des Operateurs
Das Berger Kino in Frankfurt hat sich auf rein digitale Projektion umgestellt
Von Hermann Wygoda
Seit die Bilder laufen lernten, ist der „Operateur" neben den großen Filmrollen das Sinnbild für das Kino. Doch das Berufsbild des Filmvorführers ist vom Aussterben bedroht, seit es die Filmprojektion per Mausklick gibt. Und die ist im Kommen. Auch in Frankfurt. Doch nicht, wie man vermuten könnte, in einem der komfortablen Multi- und Megaplexe, sondern in dem kleinen, eher unscheinbaren Berger Kino hat jetzt – neben dem Filmforum Höchst - die digitale Vorführtechnik per Festplatte, wie beim Computer, Einzug gehalten.
„Als kleines Kino mußten wir eher unfreiwillig zu den sogenannten „early adopters" werden, weil wir bei einem späteren Start, zusammen mit den Kinoketten, unterlegen wären", begründet Geschäftsführer Harld Metz die Entscheidung. Mit einer Investition von 200.000 Euro konnte er seine beiden Säle noch recht „preiswert" umrüsten. Dagegen werden die Multiplexe mit der Vielzahl an Sälen sehr viel höhere Investitionssummen zu stemmen haben.
"Die neue Technik werde „die bisherige Kinovorstellung in eine digitale Kinoshow überführen", jubelte die Filmförderungsanstalt (FFA), als sie unlängst die technischen Standards für die digitale Kinovorführung veröffentlichte. Vor einem halben Jahr waren diese Standards verbindlich festgelegt worden, nach denen Harald Metz jetzt auch sein Haus ausgestattet hat.
Eine der wichtigsten Spezifikationen ist dabei das Bildformat Jpeg 2000 (2K-Technik). Festgelegt ist darin, daß der Zuschauer ein Bild mit 2000 Zeilen pro Sekunde zu sehen bekommt - in einer Bildqualität, die das vom Fernsehen gewohnte Bild mit 50 Zeilen bei weiten übertrifft und die der „Film von der Rolle" auf Zelluloid nur dann erreicht, wenn er frisch aus dem Kopierwerk kommt. Die Kinobesucher, die bisher im Berger Kino die neue Technik erleben konnten, waren jedenfalls begeistert, so Harald Metz.
Für den Kinomacher sind andere Vorteile der Digitaltechnik aber noch wichtiger: Der Film behält seine Qualität auch nach unzähligen Vorführungen - sofern die Festplatte, auf der er geliefert wird, unbeschädigt bleibt. Und die Festplatte ist wesentliche leichter als die rund 30 Kilogramm schweren Filmrollen, die auf die Nabe des Projektors gehoben werden müssen. Und es entfällt auch das zeitaufwendige Umspulen der Filmrollen.
Noch haben sich, wie Metz berichtet, allerdings nicht alle Verleiher auf das digitale Zeitalter eingestellt, um ihre Filme auf Festplatte anzubieten. Eine der technischen Kernfragen ist dabei die Sicherung der Filme, die nicht in fremde Hände fallen sollen. Wenn die Festplatten beim Kinobetreiber ankommen, wird eine Hälfte des Freigabeschlüssels vom Server im Vorführraum ausgelesen, während der zweite Teil vom Verleih über die Telefonleitung freigeschaltet. Erst dann ist die Projektion für die „Verleihzeit" des Films freigegeben.
Der Schritt in die Zukunft wird aber sein auch das ist absehbar –, daß selbst der Versand der Festplatten entfallen wird. Dann werden, wenn die Kinos mit High-Speed-Datenleitungen direkt an den Verleih oder die Produktionsfirma angeschlossen sind, die Filme von dort direkt in den Server eingespielt. Das wird dann zu noch größeren Umbrüchen in der Filmbranche führen, glaubt Metz. Wann das soweit sein wird, ist heute nicht vorhersehbar. Sehr gut erinnert sich Metz daran, dass ihn die Digitalisierung des Kinos bereits „in den 80er Jahren beschäftigt hat", und dann habe er doch noch 20 Jahre darauf warten müssen.
Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)
Schlagworte: Kino, Filmtechnik
