GRIP 67

10.07.2023

Viel Bewegung bei den Filmstudiengängen

An den Hochschulen im Rhein-Main-Gebiet hat sich im Bereich der Film- und Medienstudiengänge einiges getan. Seit dem Wintersemester 2022 sind an mehreren Hochschulen des Netzwerks der hessischen Film- und Medienakademie (hFMA) neue Professor*innen berufen worden, die das Spektrum der Lehrinhalte erweitern. Ein Fokus liegt studienübergreifend auch auf der Talentförderung.

Von Bernd Jetschin

An der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt ist mit der Schauspielerin und Regisseurin Brigitte Maria Bertele eine Professorin für Schauspielpraxis Bühne und Film berufen worden, die reichlich Bühnen- und Filmerfahrung mitbringt als Schauspielerin wie auch als Regisseurin. Sie hat insgesamt 15 Kino- und Fernsehfilme unterschiedlichster Genres realisiert. Ein neuer Schwerpunkt des Studiengangs in Frankfurt ist das Spielen vor der Kamera, dem sogenannten Camera Acting. Hierbei handelt es sich um eine eigenständige Technik des Schauspiels, die ganz andere Elemente beinhaltet als die Arbeit auf der Bühne. An der Hochschule RheinMain in Wiesbaden hat Christopher Dahm seine Lehrtätigkeit aufgenommen als Professor für digitale Technologien in Bewegtbild & Sound. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit, dem er auch im Rahmen seiner Lehrtätigkeit in Wiesbaden nachgehen wird, ist die künstlerische Auseinandersetzung mit digitalen, mehrkanaligen Soundscapes. Christopher Dahm gilt als Experte für Sound Design und 360° Medienproduktion.

Kreative Prozesse der Filmherstellung – Hochschule Darmstadt
Viel Erfahrung bringt der Kölner Produzent Herbert Schwering mit, der seit über 25 Jahren mit seiner eigenen Firma Coin Film in Köln Filme produziert. Seit dem Wintersemester 2022 unterrichtet er an der Hochschule Darmstadt im Studiengang „Motion Pictures“. „In dieser neu geschaffenen Professur für Kreative Film- und Fernsehproduktion geht es mir darum, den Studierenden die kreativen Prozesse in der Filmherstellung zu vermitteln. Es beginnt mit der Stoffentwicklung. Wie wird aus meiner Idee eine Geschichte und im Rahmen der Produktion mein Film“, erklärt er. Bis zum Bachelorabschluss müssen die Studierenden drei bis vier Kurzfilme realisieren und lernen die unterschiedlichsten Phasen der Filmproduktion kennen. Die Studierenden planen ihre Projekte eigenständig, lernen professionell zu kalkulieren und erfahren, wie in Deutschland und Europa Filme finanziert werden. Einen wichtigen Aspekt legt Schwering auf die Auswertung. Wo kann ich meinen Film zeigen? Wo finde ich mein Publikum? Wer sind die Ansprechpartner in der Branche?

Die Bachelorabschlussarbeit ist oft ein Kurzfilm, es kann aber auch ein Drehbuch sein. „Die Studierenden sollen während des Studiums in die Lage versetzt werden, ihre Fähigkeiten selbst einzuschätzen“, erklärt Schwering: „Das Arbeitsfeld kann im Bereich der Regie liegen, ebenso im Bereich Kamera, des Schnitts oder der Produktion.“ Deshalb sei es wichtig, dass die Studierenden alle Aspekte der Filmherstellung im Team erarbeiten.
Schwering bereitet seine Studierenden insbesondere in der Abschlussphase auf die Branche vor. Es werden Exkursionen unternommen zum Max-Ophüls-Preis nach Saarbrücken und zum TV-Sender ARTE in Straßburg. Es gibt einen Austausch mit Redaktionen in der Region wie etwa „Das kleine Fernsehspiel“ im ZDF oder zum Hessischen Rundfunk. Insofern sei es auch wichtig, eigene Projekte und Ideen professionell zu präsentieren. In Zusammenarbeit mit der hFMA sorgt ein Pitch-Workshop mit Sibylle Kurz dafür, die Studierenden dafür vorzubereiten.

Raum für persönliche Geschichten – Hochschule Hochschule RheinMain
Neu berufen wurde auch die Regisseurin und Autorin Teresina Moscatiello. Sie lehrt seit dem Wintersemester 2022 „Crossmediale Bilddramaturgie/Content Development & Directing“ an der Hoch schule RheinMain in Wiesbaden (Bachelor-Studiengang Media: Conception & Production). „Als Absolventin der Deutschen Filmund Fernsehakademie (dffb) Berlin habe ich in meiner Arbeit stets den Fokus auf inhaltliche und dramaturgische Aspekte gelegt. Diesen Schwerpunkt will ich auch in meiner Lehrtätigkeit fortführen“, erklärt sie auf GRIP-Anfrage. Wichtig ist für sie die Berücksichtigung der Auswertungskanäle. Die Studierenden sollen sich schon bei der inhaltlichen Arbeit damit auseinandersetzen: „Was will ich erzählen, warum will ich es erzählen und vor allem, wo soll es gezeigt werden.“ In der inszenatorischen Arbeit legt die Professorin großen Wert auf Authentizität: „Ich möchte den Studierenden Raum geben, ihre persönlichen Geschichten zu entwickeln und in ihre Lebenswelt einzubinden, um ihre Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit zum Ausdruck zu bringen.“ Moscatiello unterrichtet zudem Nachhaltigkeit im Storytelling und in der Filmproduktion.
Im Rahmen des Studiengangs sollen theoretische und praktische Inhalte konsequent miteinander verknüpft werden. Im Drehbuchseminar „Narrative Competences“ werden Grundlagen der Drehbuchtheorie direkt in die Praxis umgesetzt. Es entstehen Kurzfilmdrehbücher, die dann im folgenden Semester produziert werden. Zum Studium gehört ebenso ein Praxissemester, in dem die Studierenden wertvolle Erfahrungen in Medienunternehmen sammeln können. Im Masterstudiengang Creative Media Conception besteht sogar die Möglichkeit zu einem Auslandssemester, damit Studierende auch lernen, im internationalen Kontext zu arbeiten.

Eigene künstlerische Positionen – Hochschule für Gestatung Offenbach
Im Fachbereich Kunst hat die Filmregisseurin und Videokünstlerin Angelika Levi ihre Professur an der Hochschule für Gestaltung (HfG) im Lehrgebiet Film aufgenommen. Die Absolventin der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb) in Berlin hat mit ihren Filmen zahlreiche Preise erhalten. Sie betont: „In meinen Schwerpunkten der Lehrinhalte versuche ich besonders, die menschlichen Talente der Studierenden zu entwickeln, sie zu reflektierendem Verhalten zu ermutigen, damit sie die Grundlagen für ihre künstlerische Arbeit verstehen und vertiefen können.“ Bei der Vermittlung legt sie einen besonderen Wert auf „Vielfalt von Perspektiven und Selbstermächtigung. Eine Sensibilisierung für Lücken und Brüche in der Erinnerung und der vergessenen Geschichten. Die Bedeutung von Zeit und Raum im Bewegtbild.“
Die Studierenden lernen analytische Methoden anzuwenden, „die ihre eigenen kreativen Fähigkeiten und die Welt um sie herum beleuchten und dazu beitragen, eigene künstlerische Positionen einzunehmen.“ Sie begleite einzelne Studierende als auch Gruppen in ihren praktischen Arbeitsprozessen, erklärt Levi. In kleinen Übungen wie auch in selbstentwickelten freien Projekten lernen die Studierenden Schritt für Schritt ihre eigene Handschrift mit kinematographischen Techniken zu entwickeln.

HAB-Hessen-Abschlussförderung
Für die Abschlussphase der Studiengänge ist in Hessen zudem ein Förderfonds geschaffen worden, der besonders vielversprechende Projekte mit zusätzlichen Mitteln fördern kann. Die Durchführung der „HAB-Hessen-Abschlussförderung“ erfolgt seit Herbst 2021 an vier beteiligten Hochschulen: HfG Offenbach, Kunsthochschule Kassel, Hochschule RheinMain und der Hochschule Darmstadt. Dies erfolgt in Zusammenarbeit mit der hFMA in einem zweistufigen Verfahren über ein hochschulinternes Auswahlgremium und einer Jury mit Fachbeirat. Die jährliche Abschluss-Projektförderung aller beteiligten Hochschulen liegt bei insgesamt 300.000 Euro. „Ziel ist es, die Zusammenarbeit mit der hessischen Film- und Medienakademie (hFMA) und der Hessen Film & Medien zu intensivieren“, erklärt Professorin Teresina Moscatiello von der Hochschule Rhein- Main. „So dass Abschlussarbeiten noch mehr Chancen zur Festivalauswertung erhalten oder bereits in Koproduktionen mit Sendern und Streamern produziert werden können.“

Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)

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