GRIP 64
06.01.2022
Filmgewerke mit Nachwuchsmangel
Von Andrea Wenzek
Produktionsleitung
Die Produktionsleitung (PL) erstellt die Kalkulation für den Dreh, den Drehplan und ist verantwortlich für die Akquise des Filmstabs jenseits des Castings. Während des Drehs überwacht die PL das Filmprojekt allumfassend und sorgt dafür, dass das Filmbudget und die Drehzeit eingehalten werden. Alles in Absprache mit der Regie und der Filmgeschäftsführung. Zum PL wird man durch Learning by Doing. Eine kaufmännische Ausbildung ist von Vorteil und IHK-Prüfungen sind möglich. An Filmhochschulen wird die PL als Teilbereich im Studium der Filmproduktion angeboten; außerdem: Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, Hochschule Macromedia München.
Filmgeschäftsführung*
Filmgeschäftsführer*innen (FG) kümmern sich um den kaufmännischen Bereich eines Filmprojekts. Dazu gehört die steuerrechtlich einwandfreie Finanzbuchhaltung, eine sozialversicherungsrechtlich korrekte Lohnbuchhaltung sowie eine zeitnahe Liquiditäts- und Kostenkontrolle. Die FG arbeitet im Produktionsbüro eng mit der PL zusammen. Für die FG-Assistenz ist eine Qualifikation als IHK-geprüfte Bilanzbuchhalter*in noch keine Voraussetzung, sie kann in der drehfreien Zeit in Lehrgängen nachgeholt werden. In der Filmbranche arbeitet man mit der Buchhaltungssoftware SESAM.
Aufnahmeleitung*
Die Erste Aufnahmeleitung (1. AL) gehört zum Team im Produktionsbüro und ist vor und während der Drehzeit zuständig für die Disposition von Personal und Technik an den verschiedenen Motiven. Logistische und kaufmännische Kompetenz ist entscheidend, immer in Abstimmung mit den künstlerischen Präferenzen der Regie. Deswegen erstellen Erster AL und Regieassistenz im Vorfeld gemeinsam den Drehplan. Der Set-AL ist am Drehort präsent und sorgt für den planmäßigen Ablauf der Dreharbeiten. Dagegen kümmert sich der Motiv-AL um Motive, Drehgenehmigungen, Stromanschlüsse und den Fuhrpark. Quereinsteiger*innen können sich mittels IHK-Prüfungen zusätzlich qualifizieren. Ab Mitte 2022 bietet die Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach sogar ein AL-Studium an.
Produktionskoordination
Die Produktionskoordination beginnt ihre Tätigkeit zeitgleich mit der Produktionsleitung, bei einem 90-minütigen Fernsehfilm fünf bis acht Wochen vor Drehbeginn. Sie unterstützt die Produktionsleitung in kalkulatorischen und organisatorischen Arbeiten während der Vorbereitung eines Projektes, während der Dreharbeiten und in der Nachbereitung. Für Menschen mit organisatorischen und kaufmännischen Erfahrungen ist ein schneller Quereinstieg möglich.
Script Supervisor
Der Script Supervisor ist während der Dreharbeiten am Filmset und hat dafür Sorge zu tragen, dass jede Änderung des Drehbuchs protokolliert und festgehalten wird. Dies ist wichtig für den Filmschnitt in der Postproduktion. Ein schneller Quereinstieg ist möglich.
Originaltonassistenz / Tonangler*innen*
Tonangler*innen sind zusammen mit dem Originaltonmeister für die Tonaufnahme der Schauspieler*innen-Dialoge zuständig. Es geht darum, das Mikro an einer ausziehbaren Stange optimal zu platzieren und dabei die Bildinhalte nicht zu stören und die Bewegungsabläufe schnell zu erfassen. Tonangler* innen sind oft Angestellte der selbständigen O-Tonmeister*innen. Ein Quereinsteigerberuf.
Requisite
Setrequisiteur*innen (SR) sind künstlerische und organisatorische Fachkräfte am Set und verantwortlich für die szenische Betreuung der Dekorationen und Requisiten während des Drehs. Auswahl und Beschaffung der Gegenstände obliegen dagegen der Set Decoration. Die Außenrequisite (AR) ist für die Beschaffung und Betreuung benötigter beweglicher Requisiten, Fahrzeuge und Dekorationsgegenstände für das jeweilige Projekt verantwortlich. In dem gesamten Gewerk sollen die Vorstellungen von Szenenbild, Regie und Kamera mit Fokus auf die Requisiten realisiert werden. Ein Quereinsteigerberuf.
Kostümbildassistenz
Die Kostümbildassistenz unterstützt Kostümbildner* innen bei der Ausstattung der Filmfiguren mit geeigneten Kostümen. Dabei begleiten sie alle Entwicklungsschritte von der Vorbereitung und Recherche, der Realisation, der Spiel- beziehungsweise Drehzeit bis hin zur Lagerung der nicht mehr benötigten Kostüme. Der Berufseinstieg kann nach einer Schneiderlehre, dem Besuch einer Modeschule oder einem Studium des Modedesigns erfolgen. Hier wird der Studiengang Kostümbild angeboten: Hochschule für Bildende Künste Dresden, Hochschule Hannover, Weißensee Kunsthochschule Berlin.
Filmschnitt (Editing)
Filmeditor*innen, nur noch selten Cutter* innen genannt, gestalten den Filmschnitt in der Phase der Postproduktion. Sie wählen geeignete Einstellungen aus, ordnen sie dramaturgisch und rhythmisch wirkungsvoll in Sequenzen an, fügen Töne, Musiken, Effekte, Grafiken und Animationen hinzu, und geben dem Film so seine endgültige künstlerische Form. Ein Quereinstieg in den Beruf ist bei Fernsehsendern mit der Montage von journalistischen Beiträgen und Fernsehsendungen durchaus möglich, ebenso IHK-Prüfungen nach entsprechenden Lehrgängen. Heute ist „Mediengestaltung Bild und Ton“ ein dreijähriger anerkannter dualer Ausbildungsberuf in der Medienbranche. Danach kann man sich auf den Filmschnitt spezialisieren. An den meisten Filmhochschulden wird außerdem Editing angeboten.
Creative Producing
In der Regel arbeiten Creative Producer für das Fernsehen und große Produktionsfirmen als eine Art Redakteur*in. Sie begleiten ein Projekt von der Stoffentwicklung über die Finanzierung bis hin zur Premiere und sind Ansprechpartner*in für alle Beteiligten: Drehbuchautor*innen, Filmförderung, Produktionsfirmen, Regie und andere. IHK-Prüfungen werden ebenfalls angeboten. Producing ist auch als Teilbereich in Medien- und Filmhochschulstudiengängen möglich, auch an der Hochschule Darmstadt und der Fachhochschule Dortmund.
* siehe entsprechende Seminarangebote im Frühjahr/Sommer 2022
Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)
Schlagworte: Crew, Nachwuchs, Filmproduktion, Filmwirtschaft, Dreharbeiten
