GRIP 60,5
01.11.2019
Das Filmhaus und Ralph Förg – ein perfektes Paar
Von Annette Ernst
Als ich das erste Mal den Namen Ralph Förg hörte, stand die Suche nach einem Nachfolger für Ernst Szebedits an. David Ungureit, damals Vorstand im Filmhaus, erzählte mir von einem „Langhaarigen“, der eigentlich vom Theater käme, rauche wie ein Schlot und ein „guter Typ“ sei. Die Wahl als Kopf des Filmhauses sei unter etlichen Bewerbern auf ihn gefallen. Ich war gespannt.
Mit Ralph Förg als Chef des Filmhauses begann auch mein Weg als Regisseurin, Autorin und Produzentin. Fünf Jahre lang war ich sogar mit anderen seine Chefin. Wir haben gerungen, gestritten, Ideen entwickelt, Jours Fixes geplant, Etats besprochen und Pläne gemacht. Beeindruckt hat mich dabei, dass er sogar mal seinen Lohn zurückgestellt hat, als die Mittel des nächsten Jahres noch nicht verfügbar waren. Immer habe ich ihn engagiert erlebt, offen für Neues, bereit zu unterstützen und zu vernetzen – der kleinen hessischen Branche eine Anlaufstelle zu sein.
Im Filmhaus hatten stets alle ihren Platz - vom Filmnachwuchs über die Profis, Arthouse über Popcorn, Experimentelles und der Dokumentarfilm, der in Hessen immer stark war. Ralph Förgs politisch-strategisches Gespür hat dafür gesorgt, nichts zu übereilen. Dennoch nachhaltig und hartnäckig in der Sache und klar in den Forderungen an die Politik zu sein. Immer war er ein loyaler Anwalt der hessischen Branche – dabei Vertreter für uns alle, ohne eigene Interessen zu verfolgen.
Und in all den Jahren hat er sich diese neugierige, begeisterungsfähige Jugendlichkeit erhalten, weshalb ich ehrlich überrascht war, als er unlängst von seinem Ausscheiden in den Ruhestand sprach. Was jetzt schon?
Die Einschätzung meines Freunds David Ungureit war richtig: Ralph Förg wurde zum Inbegriff des Filmhaus Frankfurt. Er ist das Filmhaus. Wer kann, soll und will ein solches Erbe übernehmen? In diese großen Fußstapfen treten, die Ralph Förg in über zwanzig Jahren in den schwierigen hessischen Boden gegraben hat?
Als ich vor ein paar Jahren mit unserem frisch gegründeten Verein Pro Quote Regie mich auf der Suche nach einem Tagungsort an das Filmhaus wandte, war Ralph Förg neugierig und interessiert an unseren Zielen. Ich weiß, er wäre der Erste, der mich unterstützen würde, wenn ich hier schreibe: Ans Filmhaus muss jetzt mal eine Frau ran. Es ist Zeit für einen weiblichen Ralph Förg. Nur ist der eben wirklich einmalig.
Danke lieber Film-Weggefährte, für Dein unermüdliches Engagement für den Film und für uns alle und für den Platz, den ich in deinem Herzen haben durfte. Auf eine gute Zukunft!
*Annette Ernst ist Produzentin, Autorin und Regisseurin
Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)
Schlagworte: Filmhaus Frankfurt, Filmemacher*in, Filmproduktion, Nachwuchs, Diversität
