GRIP 59
01.11.2018
Den öffentlichen Diskurs anregen
Die Reihe Film des Monats der evangelischen Filmjury im Frankfurter Mal Seh’n Kino
Von Dr. Margrit Frölich
Jeden Monat sichtet die Jury der Evangelischen Filmarbeit aktuelle Kinofilme und wählt nach ausführlicher Diskussion einen davon zum Film des Monats, und das inzwischen seit fast sieben Jahrzehnten schon. Nun präsentiert die Jury, die auch einen Film des Jahres auszeichnet, die Ergebnisse ihrer monatlichen Auswahl in einer neuen Veranstaltungsreihe der Öffentlichkeit. Es handelt sich um eine Kooperation mit dem Frankfurter Mal Seh’n Kino, dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) und der Evangelischen Akademie. Mit dieser neuen Reihe will die Jury zum öffentlichen Diskurs über Film anregen und die Vielfalt des Kinos sichtbar machen.
Zum Film des Monats wählt die Jury solche Filme, die gesellschaftlich oder kulturell relevante Themen ansprechen, ethische Fragen aufgreifen und durch ihre filmkünstlerische Gestaltung überzeugen. Spielfilme oder Dokumentarfilme, Filme aus Deutschland, die die Reflexion über die eigene Gesellschaft ermöglichen, oder Filme des internationalen Gegenwartskinos, die Einblicke in unsere globale Wirklichkeit bieten. So war beispielsweise der Film des Monats im Oktober „Die defekte Katze", das Langspielfilmdebüt der deutsch-iranischen Filmregisseurin Susan Gordanshekan.
Die Jury kann nur einige der zahlreichen Filme sichten, die monatlich in die Kinos kommen. Deshalb kommt es auf die sorgfältige Vorauswahl an. Damit die Jury keinen wichtigen Film übersieht, sind mehrere Personen daran beteiligt, die aufmerksam die aktuellen Kinostarts sondieren: die Vorsitzende der Filmjury (Margrit Frölich), ihre Stellvertreterin (Claudia Cippitelli) und der neue Geschäftsführer der Filmjury (Christian Engels), der auch das filmkulturelle Zentrum im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik leitet. Beraten wird die Gruppe vom Redaktionsteam der Filmzeitschrift epd-film.
Lange Zeit wurde die Arbeit der Filmjury von Karsten Visarius begleitet, dem ausgewiesenen Filmexperten des GEP. Er wurde im letzten Jahr in den Ruhestand verabschiedet. Danach wurde die filmkulturelle Arbeit des GEP umstrukturiert und es wurden neue Akzente gesetzt. Darunter auch die neue Veranstaltungsreihe.
Den Auftakt machte nun im Juni der argentinische Film „Camino a La Paz". Gesprächspartner waren der deutsche Co-Produzent des Films Gunter Hanfgarn und Bernd Wolpert vom Evangelischen Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF). Letzteres hatte den Film auch gefördert. Die beiden Gäste sprachen im Anschluss an die Filmvorführung über den Film. Dabei thematisierten sie, warum sie sich entschlossen hatten, den Film zu produzieren beziehungsweise zu fördern, es ging um kulturelle sowie filmästhetische Aspekte und um das argentinische Gegenwartskino.
Im Juli folgte eine Veranstaltung zu „Los Versos del Olvido – Im Labyrinth der Erinnerung". Über den Film des iranischen Regisseurs Alireza Khatami, der in Chile gedreht wurde, diskutierte der Berliner Co-Produzent Fabian Massah mit der Frankfurter Stadträtin und Psychotherapeutin Nargess Eskandari-Grünberg. Im Vordergrund stand dabei die Frage, wie unliebsame Erinnerungen von autoritären Regimen unterdrückt werden.
Im August ging es weiter mit dem katalanischen Film „Fridas Sommer". Thema waren kindliche Erfahrungswelten, die Verarbeitung von Trauer und Verlust sowie die Frage, wie dies im Film dargestellt wird. Darüber sprachen der Leiter des Frankfurter sozialpsychiatrischen Zentrums für Kinder- und Jugendliche, Fabian Härtling, und Monika Bach vom deutschen Filmverleih.
Film des Monats September schließlich war „Styx". Der Film handelt von einer Ärztin aus Deutschland, die auf einen havarierten Trawler voller Flüchtlinge trifft, als sie im Urlaub auf ihrem Segelboot alleine im Südatlantik unterwegs ist. Zu Gast war der österreichische Regisseur Wolfgang Fischer, der im Gespräch mit dem Theologen Jochen Kramm (Mitglied der Filmjury) über die Hintergründe und die Motivation zu diesem außergewöhnlichen Filmprojekt berichtete.
Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Menschen die neue Kino-Reihe für sich entdecken. Informationen zu aktuellen Terminen finden sich auf den Webseiten des Mal Seh’n Kinos und der Evangelischen Akademie. (www.malsehnkino.de / www.evangelische-akademie.de)
* Die Autorin ist Vorsitzende der Evangelischen Filmjury und Studienleiterin Film an der Evangelischen Akademie
Kategorie: Gastbeitrag (ehemals Selbstdarstellungen von institutioneneigenen Mitarbeitern / ab GRIP 63)
Schlagworte: Kino, Filmkultur, Institution