GRIP 57
01.11.2017
Neue Perspektiven der Filmförderung
Erstmals vergeben: die Talentpaketförderung für den hessischen Filmnachwuchs
Von Daniel Güthert
Anerkennung für die hessische Filmszene. Eine Standortmaßnahme, die regelmäßig von der Branche ins Spiel gebracht worden war, hat die Politik aufgegriffen und jetzt fest in den Förderrichtlinien verankert: die Talentpaketförderung für junge Start-ups.
Dabei sollen Nachwuchsunternehmen, die noch keine 5 Jahre am Markt tätig sind und mindestens drei vielversprechende Projekte im Portfolio haben, eine Anschubfinanzierung für die Entwicklung ihrer Vorhaben erhalten. Immerhin bis zu 150.000 Euro pro Antrag. Eine Investitionshilfe, die im Wege eines zinslosen, partiarischen Darlehens für die Dauer von maximal drei Jahren erfolgt. Im Juni hat die Jury nun erstmals getagt und hat drei hessische Newcomerfirmen ausgemacht, deren unternehmerisches Potential die Jury überzeugt hat.
Mit 140.000 Euro ist der höchste Förderbetrag dem Offenbacher Studio PixelPEC von Sebastian Simon zugesprochen worden. 2016 gegründet, hat sich die GmbH auf das Arbeitsgebiet Animation und Postproduktion spezialisiert, angefangen von 2D/3D-Zeichentrickfilmen bis hin zum Compositing, Editing und zum Sounddesign. Die Devise: Alles aus einer Hand, was durch einen Pool von freien Kreativen, die zum engeren Mitarbeiterstab zählen, sichergestellt wird. Die weitere Geschäftsentwicklung will Simon darüber hinaus in Richtung Realfilm ausbauen, wofür die Talentförderung somit das wirtschaftliche Sprungbrett bereit hält.
Eine Zusage über 135.000 Euro hat die Frankfurter Filmproduktion Neopol-Film bekommen. Seit 2014 ist das Duo Tonio Kellner (Produktion) und Jakob Zapf (Regie) als Unternehmen tätig mit dem Schwerpunkt auf internationalen Koproduktionen für Film und Fernsehen. Neben dem Hessen-geförderten Spielfilm "Licht" (500.000 Euro) hat Neopol-Film eine ganze Reihe weitere Stoffe in der Planung, deren Entwicklung jetzt durch das Slate Funding gezielt Unterstützung findet (siehe Porträt, Seite 12).
Das dritte Förderpaket (ebenfalls 135.000 Euro) ist an das Kasseler Animationsstudio Raum 230 gegangen, das Martin Schmidt und Dennis Stein-Schomburg im Frühjahr 2016 eröffnet haben. Raum230 – ein Anspielung an die legendäre Trickfilmklasse der Kasseler Kunsthochschule, wo auch die beiden Firmengründer studiert haben – ist es gelungen, sich Innerhalb kürzester Zeit einen Namen als Dienstleister für Imagefilme und Werbeclips zu machen. Die eigenen Kunstprojekte allerdings mussten dahinter bislang zurückstehen. Das soll sich nun ändern. Mittels der Talentförderung sollen eine Trickfilmserie, eine Kurzspielfilm und interaktives Detektivspiel (als Virtual Reality) entstehen.
Tatsächlich ist die Talentförderung Teil eines Gesamtpakets, mit dem die Hessische Filmförderung – ein Jahr nach Gründung der Film-GmbH – eine spürbare Kurskorrektur eingeleitet hat. Verstärkt werden die Belange der jungen Filmemacher, aber auch spürbar den kleineren Projekte ins Blickfeld genommen.
So sind künftig nicht nur Hochschulabschlussfilme zuschussberechtigt, sondern auch in Hessen realisierte Debüt- und Zweitfilme, für die Zuwendungen von immerhin 150.000 Euro vorgesehen sind. Und neu ist die Förderung von Filmen, deren Herstellungskosten unterhalb von 1,5 Millionen Euro liegen und die nicht den strengen Kriterien des Filmfinanzierungsfonds unterliegen. Damit wird bewusst der strukturellen Lage der hiesigen Filmwirtschaft Rechnung getragen – mit vielen kleineren Filmproduktionen und einer ausgeprägten Dokumentarfilm- und Hochschulszene. Die Förderbewilligung kann in diesen Fällen bis zu 500.000 Euro betragen. Ein Instrument, von dem einige Projekte aktuell profitieren wie etwa der Spielfilm "Licht" (Neopol-Film).
Möglich geworden ist die Neujustierung erst nach einer komplizierten Mittelumschichtung im Haushalt des Kulturministeriums (HMWK). So hat man eine Million Euro aus dem Bürgschaftstopf der WiBank, der ausschließlich für Projekte des Filmfinanzierungsfonds vorbehalten ist, abgezweigt. Und eine weitere Million ist frei geworden dadurch, dass die Biennale des Bewegten Bildes (B3) nicht mehr aus dem Referat Medien, sondern über Mittel aus dem Hochschulsektor getragen wird. Auf diese Weise konnte der frei verfügbare Förderspielraum der Film-GmbH deutlich erweitert werden, der bislang gerade mal bei 2,2 Millionen Euro lag.
Unterm Strich verwaltet die GmbH nunmehr einen Kapitalstock von 4,2 Millionen Euro – die Verwaltungskosten von geschätzten 800.000 Euro einbezogen – plus den restlichen 4 Millionen Euro der WiBank (Filmfinanzierungsfonds) sowie weiteren 750.000 Euro, die der Hessische Rundfunk (hr) als Gesellschafter der GmbH beisteuert.
Davon unberührt ist nach wie vor die institutionelle Filmförderung des Landes, jene Förderung, die Einrichtungen wie dem Deutschen Filminstitut (DIF), der Filmbewertungsstelle (FWB) oder dem Film- und Kinobüro zugute kommt. Dieses Ressort, das sich in einer Größenordnung von abermals einer Million Euro etwa bewegt, ist beim HMWK geblieben. Alles in allem beläuft sich somit das Gesamtvolumen für Medien und Film, das das Land aufbringt, auf 10 Millionen Euro. Eine Zahl, die man freilich im Vergleich sehen muss.
Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)
Schlagworte: Filmförderung, Nachwuchs, Filmproduktion, Filmwirtschaft, Wirtschaftsförderung