GRIP 57

01.11.2017

Grußwort GRIP 57

Von Thomas Frickel

Liebe Leserinnen und Leser der GRIP,

gut, dass die GRIP das vorliegende Heft dem Dokumentarfilmschaffen in Hessen widmet. Denn obwohl auch fiktionale Fernsehproduktionen aus Hessen in gutem Ruf stehen und sich immer mal wieder eine größere Spielfilmproduktion in unser Land verirrt, ist der Dokumentarfilm doch so etwas wie der Bodensatz unserer Filmlandschaft – eine verlässliche Größe von beständiger Qualität, die sich aus vielen kleinen ortsgebundenen Produktionseinheiten zusammensetzt und die schon deshalb nicht in der Gefahr steht, den Fördertöpfen hinterher reisen zu müssen, weil Hessenfilm seine Verantwortung für die regionalen Produktionsstrukturen ernst nimmt und das Genre bei den Förderentscheidungen zwar nicht allzu üppig, aber auskömmlich berücksichtigt.

Hessens Filmschaffende haben mit ihren Arbeiten sowohl bundesweit als auch international Aufmerksamkeit und Anerkennung gefunden, es gibt eine lebendige Kino-Landschaft mit vielen dokumentarfilm-affinen Programm-Gestaltern, es gibt spezielle Projekte und Präsentationen des Film- und Kinobüros und auch das Dokumentarfilmfestival von Kassel mit seiner überregional wirkenden Strahlkraft sorgt dafür, dass die Filme nachher auch zum Publikum finden. Auf Initiative eines chinesischen Medienunternehmens hat sich in Frankfurt erst kürzlich sogar ein neues Dokumentarfilmfestival mit dem zeitgemäß-programmatischen Themenschwerpunkt „Mensch und Natur“ etabliert .

Und, nicht zu vergessen: Frankfurt ist seit Jahren auch Sitz des größten deutschen Filmverbands, der „Arbeitsgemeinschaft  Dokumentarfilm“/AG DOK, die sich von hier aus immer wieder in die Film- und Medienpolitik in Bund und Land einmischt. Wenn der Dokumentarfilm in Deutschland inzwischen zum festen Bestandteil der nationalen Filmkultur geworden ist, so ist das sicher zu einem guten Teil der beharrlichen Verbandsarbeit der AG DOK zu verdanken. Die Einbindung des Genres in die  Auslandsaktivitäten von „German Films“, seine Besserstellung in den Verwertungsgesellschaften, die Repräsentanz in verschiedenen Gremien der deutschen Filmbranche – das sind nur einige der Erfolge, die auf diese Weise erreicht werden konnten.

Aber auch die Liste der unerfüllten Forderungen ist noch lang – sie reicht von einer leistungsgerechten Bezahlung für dokumentarische Regiearbeit bis zum Wunsch nach einer größeren Wertschätzung durch das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Auch der HR zeigt sich der regionalen Produktionslandschaft gegenüber relativ uninteressiert. Und wenn er dank der früheren Richtlinien der HR-Filmförderung tatsächlich einmal über Senderechte verfügt, vergräbt er die betreffenden Filme gerne in sein Nachtprogramm.

Und auch bei Hessenfilm ist unsere Wunschliste noch nicht abgearbeitet: das bei seinem Amtsantritt zusammen mit Geschäftsführer Joachim Mendig entwickelte Projekt eines hessischen „Dokumentarfilmtags“ wartet auf seine Realisierung. Vielleicht trägt ja diese Publikation dazu bei, den Faden wieder aufzunehmen und einen neuen, starken Impuls für das Filmland Hessen zu setzen.

Herzlichst

Thomas Frickel

Vorsitzender der AG DOK

Kategorie: Grußwort (bis GRIP 62)

Schlagworte: Dokumentarfilm, GRIP, Filmförderung, TV/Rundfunk, Institution

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