GRIP 57
01.11.2017
Dokumentarfilme als Bildungsmedien
Über das nichtwerbliche Verleihangebot des BJF und des Medienzentrums Frankfurt e.V.
Von Philipp Mehler
Der Dokumentarfilm findet vor allem im Fernsehen statt. Auch solche Filme, die einen Kinostart für sich beanspruchen können, finden im TV ihr größtes Publikum. Ein wenig beachteter Markt bildet allerdings der des nichtgewerblichen Verleihs, der sich vor allem an den Bildungsbereich, allen voran Schulen, richtet. Bereitgestellt wird diese Vertriebsarbeit in Hessen von Institutionen wie dem Bundesverband für Jugend und Film (BJF) sowie dem Medienzentrum Frankfurt e.V.. Beide Organisationen haben eigene Sammlungen von Filmmedien für den Bildungsbereich aufgebaut, darunter auch viele Dokumentarfilme.
Beim BJF ist der Anteil an Dokumentarfilmen vergleichsweise gering – lediglich 16 von aktuell 453 Titeln des Verleihkatalogs sind Dokumentarfilme. Diese 16 Dokumentationen sind allesamt Langfilme, überwiegend produziert von unabhängigen Filmemachern. „Die Auswahl erfolgt durch ein gewähltes Gremium des Bundesverbandes Jugend und Film e. V.“, sagt dessen Geschäftsführer Reinhold Schöffel. „Dabei werden Vorschläge der Mitglieder respektive der Nutzer berücksichtigt“. Die Auswahlkriterien richten sich nach der Eignung für die Zielgruppen Kinder und Jugendliche, thematischer Relevanz sowie künstlerischer Qualität, die sich möglichst deutlich von der TV-Reportage abheben soll. Die Filmlizenzen werden von den jeweiligen Rechteinhabern (Verleih, Weltvertrieb, Produzent) erworben.
Gebucht werden die Filme von Einrichtungen der Jugendarbeit, von Jugendgruppen und sonstigen Bildungsinstitutionen sowie kommunalen und kirchlichen Medienzentren. Schöffel: „Gezielt suchen wir nach kurzen Dokumentarfilmen für Kinder, die wir zu thematischen Programmen bündeln, die in Jugendarbeit und Schule relevant sind. Vor zwei Jahren haben wir zum Beispiel die Dokumentarfilmsammlung „Ich bin jetzt hier! – Dokumentarfilme für Kinder über Flucht und Migration!“ veröffentlicht.“ Als weitere Themenschwerpunkte nennt Schöffel die Umwelt- und Wirtschaftspolitik, daneben aber auch Dokus über jugendkulturelle Themen wie in den Beispielen „Love, Peace & Beatbox“ oder „Neukölln Unlimited“ oder Dokumentarfilme für Kinder, soweit es solche Angebote überhaupt gibt wie die beiden Filme „7 oder warum ich auf der Welt bin“ und „Knut und seine Freunde“.
Ungleich mehr Dokumentarfilme als der BJF hat das Medienzentrum Frankfurt, dessen Verleihangebot überwiegend von Schulen genutzt wird, im Bestand. An die 600 Titel, von denen inzwischen etwa 150 Filme auch online abrufbar sind. „Dass die Filme auch online abgerufen werden können, erleichtert die Vermittlung auch außerhalb des Unterrichts,“ sagt Guido Berlinger vom Medienzentrum Frankfurt, „sollte aber nur in Ausnahmefällen geschehen, da die gemeinsame Seherfahrung im Klassenverbund andere Möglichkeiten der Interpretation und Reflexion bietet.“ Auch wenn der Anteil an Dokumentationen im Vergleich zum übrigen Verleihangebot nur 22 Prozent beträgt, ist die Nachfrage wesentlich höher, wobei Werke in Spielfilmlänge weniger zum Zuge kommen. „Das hat den Grund, dass der Film nach Möglichkeit innerhalb einer oder zwei Unterrichtsstunden durchgearbeitet werden sollte“, so Berlinger. „Daher bietet das Medienzentrum hauptsächlich Unterrichtsfilme mit dokumentarischem sowie halbdokumentarischem Inhalt an. Diese haben eine Spieldauer zwischen 15 und 45 Minuten. Je nach Struktur der Produktion, wenn diese unter Umständen eine längere Spieldauer hat (didaktische DVD / online Medium), lassen sich auch Ausschnitte einsetzen, beispielsweise im Zusammenhang mit naturwissenschaftlichen Themen.“
Das Medienzentrum hat nach dem Lizenzerwerb das alleinige Recht, die Dokumentationen den Bildungseinrichtungen kostenlos zur Verfügung zu stellen. „Der Einkauf aller Medien wird über einen zentralen Support in der Hessischen Lehrkräfteakademie organisiert“, sagt Berlinger. „Das ermöglicht eine bessere Verhandlungsbasis gegenüber den Anbietern (wie etwa der FWU, dem Filmsortiment oder Lingua-Video). In Ausnahmefällen kann das Medienzentrum Frankfurt auch direkt mit einem Produzenten oder Filmemacher verhandeln“.
Einen Katalog des Angebots aller bundesweiten Medienzentren bietet das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg.
Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)
Schlagworte: Dokumentarfilm, Verleih, Institution, Filmkultur