GRIP 57
01.11.2017
Ausgezeichnete Filmkultur
Kinothek Asta Nielsen mit dem Binding Kulturpreis geehrt
Von Philipp Mehler
Bereits zum 22. Mal wurde in diesem Jahr der mit 50.000 Euro dotierte Binding Kulturpreis vergeben. Verliehen wird alljährlich der Preis, der 1996 in Anerkennung des regionalen Kunst- und Kulturschaffens ins Leben gerufen worden ist, durch die Binding Kulturstiftung, die der Brauereikonzern seinerzeit eigens für diesen Zweck eingerichtet hat.
Nachdem in der Vergangenheit die Ehrung bereits in den Kultursparten Theater (Michael Quast 2007, Willy Praml 2011), Bildende Kunst (Künstlergruppe Quadriga, 2002, das Atelier Goldstein, 2012), Literatur (Literaturhaus Frankfurt, 2005, Verlag der Autoren, 2014) und Musik (Ensemble Modern,1996, die Jazzmusiker Heinz Sauer & Michael Wollny, 2013) verliehen worden ist, hat den Preis in diesem Jahr nun erstmals eine filmkulturelle Einrichtung gewinnen können: die Kinothek Asta Nielsen.
Die 1999 von Karola Gramann und Heide Schlüppmann gegründete Kinothek hat sich zum Ziel gesetzt, das filmkulturelle Erbe im allgemeinen - abseits des Mainstreams - zu erhalten und wieder erfahrbar zu machen - mit dem besonderen Schlaglicht allerdings auf die Filmarbeit von Frauen, das heißt, das feministische Kino nachhaltig zu dokumentieren und verstärkt wieder in die Kinos zu bringen.
Das Aufgabenspektrum umfasst demnach die Archivierung von Fachliteratur, von Photographien, Plakaten und Programmheften, aber vor allem auch die Beschaffung und Wiederaufführung von historischen wie aktuellen Filmbeispielen, vielfach in Kooperation mit den Frankfurter Kinobetreibern. Womit die Kinothek Asta Nielsen ihre Berufung darin sieht, eine Brücke zwischen Filmkultur und aktuellen feministischen und queeren Diskursen zu schlagen.
Als Preisträgerin ist die Kinothek für ihren "unschätzbaren Beitrag bei der Errettung des Filmerbes" ausgewählt worden, so die Begründung der Preisjury, deren Vorsitz in diesem Jahr der ehemalige Frankfurter Kulturdezernent Felix Semmelroth innehatte. Ein besonderes Augenmerk der Arbeit der Kinothek liegt auf den Filmen von Frauen, die oftmals außerhalb des filmischen Kanons in Vergessenheit zu geraten drohen. Aktuell veranstaltet die Kinothek beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Filminstitut eine Werkschau der Filmemacherin Maria Lang, deren Filme noch bis November im Deutschen Filmmuseum gezeigt werden.
Karola Gramann und Heide Schlüppmann sind über die Landesgrenzen hinaus gefragte Filmexpertinnen. Gramann leitete von 1985 bis 1989 die Kurzfilmtage Oberhausen und arbeitete anschließend als freie Kuratorin sowie als Dozentin an der Goethe Universität Frankfurt, an der Schlüppmann von 1991 bis 2008 die Professur des filmwissenschaftlichen Instituts innehatte. Schlüpmann ist zudem Mitherausgeberin der Filmzeitschrift "Frauen und Film".
Bei der Preisverleihung im Kaisersaal des Römers Anfang September lobte der Oberbürgermeister der Stadt, Peter Feldmann, in seiner Festansprache die besonderen Verdienste der Kinothek, die durch ihre Arbeit die Filmgeschichte in ihrer Vielfalt zugänglich mache, sie erhalte, präsentiere und hervorhebe. "Mit geringen Mitteln und erheblichem Einsatz rettet die Kinothek somit ein Stück Filmgeschichte, die im Mainstream der Geschichtsschreibung und Restaurierungsbemühungen sonst verloren zu gehen droht".
Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)
Schlagworte: Auszeichnung, Filmkultur, Institution, Filmtheorie/Filmwissenschaft