GRIP 57

01.11.2017

Aus Hollywood an den Main

Die Amerikanerin Ellen M. Harrington löst Claudia Dillmann als Leiterin des Deutschen Filminstituts ab

Von Alexander Jürgs

Ab Januar 2018 wird die studierte Film- und Literaturwissenschaftlerin Ellen Harrington, die in Los Angeles lebt und derzeit die Sammlung am Museum der „Oscars“-Academy betreut, die Leitung des Deutschen Filminstituts (DIF) und des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt übernehmen. Das gab der Verwaltungsrat des DIF unlängst als Ergebnis eines monatelangen Findungsprozesses bekannt. Damit löst die Amerikanerin die bisherige Direktorin Claudia Dillmann ab, die sich nach mehr als 20jähriger Amtszeit im Herbst vorzeitig in den Ruhestand verabschiedet hat.

Und keine Frage: Ihrer Nachfolgerin übergibt Claudia Dillmann ein Haus, das hervorragend in Schuss ist. Unter Ihrer Verantwortung wurde das Institut am Frankfurter Schaumainkai zwischen 2009 und 2012 für rund 12 Millionen Euro komplett saniert und umgebaut. Aus verschachtelt-dunklen Ausstellungskammern ist eine lichte, spektakuläre Architektur entstanden, wodurch auch die generalüberholte Dauerausstellung des Hauses eine neue Prägung bekam.

Spektakulär waren aber auch viele der Sonderausstellungen, die Claudia Dillmann in ihrem Museum zeigte: zum Beispiel die liebevoll gemachte Schau über die „Wallace & Gromit“-Macher von den britischen Aardman-Studios, oder die wunderbar auswuchernde Auseinandersetzung mit dem Werk von Rainer Werner Fassbinder ("Fassbinder – Jetzt") oder zuletzt die Filmwerkstatt des französischen Regisseurs Michel Gondry.

Ein enormer Erfolg des Filmmuseums ist bis heute die Ausstellung über den Ausnahme-Filmemacher Stanley Kubrick. Die Schau mit vielen Stücken aus Kubricks Nachlass, die 2004 erstmals in Frankfurt gezeigt wurde, tourt bis heute noch um die Welt.

Doch Dillmann arbeitete nicht nur als Initiatorin von besonderen Ausstellungen, sondern war auch im Virtuellen sehr erfolgreich. Unter ihrer Ägide begann die Digitalisierung der Filmsammlung des DIF und sie brachte die Entwicklung der Online-Plattform www.filmportal.de auf den Weg. Vor allem aber dürfte sie, die ihre Berufskarriere als Journalistin bei der „Offenbach Post“ startete und die später für die „Frankfurter Rundschau“ und „Die Zeit“ schrieb, bevor sie an der Goethe-Universität studierte, als engagierte Streiterin für die Filmkultur im Gedächtnis bleiben. Wer einmal erlebt hat, wie sie im Kinosaal ihres Museums mit Regisseuren debattierte, wie sie von prägenden Kinofilmen schwärmen konnte, der merkte schnell, wie heftig Dillmanns Herz für die cineastische Kunst schlägt.

Ihre Nachfolgerin ist am Frankfurter Filmmuseum aber auch kein Neuling. Schon mehrfach hat Harrington an Ausstellungen des Hauses mitgewirkt. Seit 1993 ist die Filmwissenschaftlerin für die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles, die vor allem für die „Oscar“-Verleihungen bekannt ist, tätig. 2013 hat die Academy mit dem Aufbau eines eigenen Museums begonnen, seit 2015 ist Harrington als Direktorin im Rahmen dieses Projekts für den Aufbau und die Konzeption der Museumssammlung zuständig.

Eine besonders enge Zusammenarbeit verbindet Harrington mit dem Deutschen Filmmuseum im Rahmen der Ausstellung „And the Oscar goes to ... 85 Jahre Bester Film“, die 2012 in Frankfurt lief. Beteiligt war sie aber auch an den Ausstellungen über Animé-Filme (2009) und zum Filmarchitekten Ken Adam (2002). Außerdem hat sie das Gastspiel der Kubrick-Ausstellung in Los Angeles betreut. Das Haus, das sie ab kommenden Januar führen wird, kennt Ellen Harrington somit schon sehr gut. Nur mit der Sprache hapert es noch. Deutsch muß die 54jährige jetzt erst noch lernen.

Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)

Schlagworte: Institution, Filmkultur, Filmtheorie/Filmwissenschaft

Artikel im PDF aufrufen