GRIP 52

01.05.2015

Wir kennen die andere Seite

Die ZAV Künstlervermittlung Film/Fernsehen der Bundesagentur für Arbeit

Von Andrea Wenzek

Auch Heiner Lauterbach lässt sich nicht von einem Künstleragenten, sondern von der ZAV Künstlervermittlung der Agentur für Arbeit vertreten, zumindest was seine Tätigkeit als Schauspieler betrifft. Professionelle Caster wissen sehr wohl, dass die ZAV nicht nur den Nachwuchs und die vielen unterbeschäftigten Nebendarsteller in ihrer Kartei führt. „Wenn wir einen Schauspieler möchten, der durch die ZAV vertreten wird, fragen wir ihn direkt dort an“ berichtet Anke Zaunberger von der U5 Filmproduktion in Frankfurt. Sie lässt am jeweiligen Standort* der Künstlervermittlung checken, ob der avisierte Kandidat für den Dreh zeitlich verfügbar ist. Ist er gesperrt, schlagen die Vermittler mitunter andere von ihnen vertretene Künstler für das Rollenprofil vor. Ob es dann zu einem Vertragsabschluss zwischen Produzent und Darsteller kommt, darauf hat die ZAV keinen Einfluss. „Jeder Arbeitgeber kann sich an uns wenden und unsere Vermittlungsarbeit in Anspruch nehmen, sofern es sich um nicht sittenwidrige Produktionen handelt und professionelle Schauspieler gefragt sind“ meint Kerstin Erle vom Standort Köln und betont die Sachkenntnis der ZAVler: „Wir kennen die andere Seite!“ So wie alle anderen Arbeitsvermittler in ihrem Bereich, hatte sie vorher lange in der Filmbranche gearbeitet.

Um in die Kartei aufgenommen zu werden, ist ein abgeschlossenes Schauspielstudium von mindestens drei Jahren mit Erlangen der Bühnenreife nötig. Die Vermittler überzeugen sich zusätzlich von den Fähigkeiten der Bewerber durch ein Vorsprechen. Um deren Chancen auf eine Rolle zu erhöhen, reicht die Online-Datenbank von ZAV allerdings nicht aus. Eine branchenübliche Onlinepräsenz bei www.filmmakers.de, www.castforward.de und www.schauspielervideos.de ist unverzichtbar. Anwärtern ohne Bühnenreife steht nach interner Prüfung die ZAV-Kartei für Kleindarsteller und Komparserie zur Verfügung.

Schon in der Weimarer Republik kümmerte sich auch eine Behörde um die Vermittlung von Schauspielern. In der Nazizeit und nach dem Krieg hatte das Arbeitsamt sogar das Monopol darauf; bis auf einige Ausnahmen durften sich private Künstleragenturen erst 1994 per Gerichtsentscheid etablieren. „Manche Schauspieler greifen bewusst auf die ZAV zurück, nicht nur, weil sie die Provision für den Agenten sparen, sondern weil sie so freier und unabhängiger sind“ meint Roland Kuhne-Wanka vom Interessenverband deutscher Schauspieler (IDS), „immerhin sind sie dort nicht vertraglich gebunden. Ein Agent kann dagegen meist über sie verfügen und sogar Verträge für sie unterschreiben.“ Übrigens bieten die ZAV-Vermittler ihren Schauspielern auch eine Hinweisberatung für den Vertragsentwurf mit dem Produzenten an.

*Die Schauspieler werden ausgehend von ihrem Hauptwohnsitz an den jeweiligen Standorten der Künstlervermittlungen in Köln, Berlin, München und Hamburg vertreten. Für die hessischen Schauspieler ist der Standort Köln zuständig

Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)

Schlagworte: Dreharbeiten, Schauspiel, Institution

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