GRIP 52

01.05.2015

Durchstarter mit Vision

Porträt der Frankfurter Firma MeinUnternehmensfilm

Von Birgit Schweitzer

Ein siebenstelliger Jahresumsatz, 15 festangestellte Mitarbeiter, 15 freie, 70 Projekte gleichzeitig in Arbeit: das ist MeinUnternehmensfilm in Zahlen, eine junge Firma, die Anfang 2013 als Unternehmergesellschaft mit nur 300 Euro Startkapital gegründet wurde. Die Liste der Kunden, die sich dort einen Imagefilm - zumeist ein sogenanntes „Erklärvideo“ (das Markenzeichen der Firma) - haben produzieren lassen, liest sich wie das Who-is-Who der deutschen Wirtschaft: Axel Springer, Bosch, CosmosDirect, Deutsche Bahn, Lufthansa, Hermes, Payback, Xing.

Beim Frankfurter Gründerpreis 2014 gelang der Firma auf Anhieb der Sprung auf den ersten Platz; sie hatte schon in den ersten vier Monaten schwarze Zahlen geschrieben. Es folgte der Hessischen Gründerpreis in der Kategorie „Geschaffene Arbeitsplätze“. Ich bin gespannt, wie das Büro dieser erfolgreichen Start-Up-Company aussieht. Ich werde von einer Mitarbeiterin hereingelassen und soll auf einem Sofa im Eingangsbereich warten. Der Firmenchef sei noch kurz Mittagessen (um 15 Uhr). Es herrscht Stille, keine Mitarbeiter weit und breit zu sehen. Ich frage mich, ob alle freiberuflich von zu Hause aus arbeiten. Dann kommt der Gründer, lässig im Strickpullover, 25 Jahre jung: Sven Junglas. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften hat er noch gar nicht beendet. „Das läuft eher nebenher“, sagt er. Mark Zuckerberg lässt grüßen.

Er führt mich durch die Räume. Die 440 Quadratmeter große Büroetage im Wasserweg in Sachsenhausen ist auf Expansion ausgelegt. Es gibt noch ungenutzten Platz. Im vorderen Bereich befinden sich hinter Glaswänden die Büros der drei Geschäftsführer. Seit Anfang 2014 sind noch Daniel und Attila Schunke mit im Boot.

Im hinteren Bereich die PC-Arbeitsplätze. Alle Mitarbeiter haben Kopfhörer auf. Daher rührt die Stille. Eine mit Edding gemalte Tabelle füllt eine Magnettafel; zu sehen sind die aktuellen Projekte. Und in einem Nebenraum wird gerade ein Produktvideo gedreht. Der Hauptdarsteller: ein Aktenvernichter. Während zwei Mitarbeiter an den Aufnahmen basteln, schneidet eine Cutterin am PC einen Film. Der Rest der Belegschaft sei auf Außendreh, heißt es.

Wie kam Sven Junglas dazu, so jung eine Firma zu gründen? Er studierte zunächst in Mannheim Medienkommunikation und lernte kreative Filmer kennen, die lustige Hochzeits- oder Musikvideos in der Legetricktechnick, sprich wie im Stop-Motion Verfahren, am Computer realisierten. „Ich fand die Ergebnisse schön für den relativ geringen Aufwand. Modern und knackig.“ So kam Junglas die Idee, solche Videos mit System zu vermarkten.

Junglas ist, wie er selbst sagt, nicht der Kreative, sondern derjenige, der das Konzept erarbeitet. "Kreative BWL“, nennt er das. Ansonsten ist er der Arbeitgeber für die Kreativen: diverse Designer, Kameraleute, Projektmanager, Drehbuchautoren. Der Trend geht zur Festanstellung.

Das Geheimnis seines Erfolgs sieht Junglas in dem guten Preis-Leistungs-Verhältnis, das die Kunden überzeuge. Auf der Webseite können Interessenten sich über das Produktangebot und die transparenten Paketpreise informieren. Im Preis inbegriffen sind die Konzeption, individuell entworfene Zeichnungen, Hintergrundmusik, Geräusche sowie ein professioneller Sprecher und vor allem unendlich viele Änderungswünsche, bis der Kunde zufrieden ist. Einen Hollywoodsprecher kann man auch buchen, das kostet allerdings mehr. Und die Formate reichen von vollanimierter 2D-Aufnahme bis zu 3D und Realdreh.

Das Erklärvideo "Move" in Legetrickanimation ist der Klassiker. Heute wird nicht mehr per Hand gezeichnet, gelegt und abfotografiert, sondern das geschieht alles digital mit den Adobeprogrammen After Effects, Illustrator, Photoshop und Premiere. Ein Beispiel auf der Homepage: „Das sind Tom und Lisa“ sagt ein Sprecher. Eine Hand legt Zeichnungen von einem jungen Paar ins Bild. „Beide achten auf eine gesunde Ernährung“ – eine Illustration von buntem Obst und Gemüse wird ins Bild geschoben. Das Ganze ist mit passender Musik und Geräuschelementen unterlegt. Der Duktus des Off-Sprechers, der Humor, der durchscheint, und die erfrischende Einfachheit erinnern an „Die Sendung mit der Maus“. Im Gespräch verweist Junglas auch auf den Erklärbär als Stilvorgabe.

Wer erfolgreich sein will, muss sich immer wieder neu erfinden. „Die Reise geht weiter, zu Unternehmensfilm 2.0“, verkündet der Jungunternhemer. „Wir geben Gas. Erfolg bringt halt Spaß. Wir wollen die Bewegtbildmarke sein.“ Schon sind Tochterfirmen in Österreich und der Schweiz gegründet. Ab Ende des Jahres sei die Eroberung des englischsprachigen Marktes geplant.

Kategorie: Firmenportrait (GRIP FACE)

Schlagworte: Filmproduktion, Werbefilm, Imagefilm, Nachwuchs, Animation

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