GRIP 50
01.05.2014
Ein Ende der Hängepartie?
Die Hessische Filmbranche hegt klare Erwartungen an die neue Landesregierung
Von Daniel Güthert
Ein "weiter so wie bisher" kann es nicht geben, das wäre aus Sicht der hessischen Film- und Medienbranche ein fatales Zeichen und im Grunde nicht darstellbar. So die einhellige Auffassung in der hessischen Film- und Produktionswirtschaft. Damit würde die seit Jahren in konstruktivem Einvernehmen mit der Politik geführte Debatte um die Verbesserung der filmwirtschaftlichen Standortfaktoren in Frage gestellt. Die Erwartung, die an den neuen Minister für Wissenschaft und Kunst, Boris Rhein (CDU), herangetragen wird, ist vielmehr, die Filmförderung nunmehr zügig zu restrukturieren und damit nachhaltig zu verstetigen.
Einig sei man sich mit der Politik dahingehend, so die Vertreter der Initiative Hessen Film, in der neben dem Filmhaus Frankfurt, auch die AG Dok, die Vereinigung der hessischen Filmwirtschaft und das Film- und Kinobüro Hessen zusammengeschlossen sind, dass das Land als Film- und Medienstandort in den vergangenen Jahren gehörig Fortschritte gemacht hat. Mit der Filmcommision und der Hessischen Film- und Medienakademie beispielsweise seien wesentliche Einrichtungen entstanden. Der Film- und Kinopreis habe deutlich an Strahlkraft gewonnen, und nicht zuletzt habe der Wirtschaftsfonds Hessen Invest Film, für den die Branche lange gestritten hat, spürbare Erfolge gezeitigt, was sich allein schon an der gestiegenen Zahl an Drehtagen in Hessen beziffern lasse.
Der Unmut dagegen entlädt sich unisono an dem, wie es heißt, "Geburtsfehler" des 2002 eingerichteten Konjunkturfonds Hessen Invest, indem er als Bankenprodukt konzipiert ist - mit all den daraus resultierenden Nachteilen. Moniert wird seither unter anderem die im Vergleich zu anderen Standorten unübliche, relativ teure Verzinsung der Darlehen und vor allem die Tatsache, dass Hessen nicht im Dachverband der Förderer, im Focus Germany, vertreten ist. Dadurch sei die allenthalben ersehnte Profilierung des heimischen Standorts unnötig erschwert.
Aber die Kritik macht an dem Punkt allein nicht Halt. Niemand in der Filmwirtschaft könne nachvollziehen, so Daniel Zuta, international tätiger Produzent und Vorstand des Film- und Kinobüros, wieso es nicht gelingt, das aus der Historie gewachsene Fördersystem der zwei kulturellen Ausrichtungen beim Land und beim Hessischen Rundfunk und der Wirtschaftsförderung endlich zu vereinheitlichen. "Synergien erzielen", "größtmögliche Effektivität", "Nachhaltigkeit"– das sind die stetig wiederkehrenden Vokabeln, die in dem Zusammenhang fallen. Könnten dadurch nicht auch die Verwaltungskosten spürbar reduziert werden, fragt man sich. Wie überhaupt mehr Transparenz gewünscht wird. Denn wieviel an Verwaltungskosten wohin fließt, ist nur rudimentär zu erfahren. Schätzungen sprechen zusammengenommen von rund eine Million Euro pro Jahr für die Verwaltungen bei der Wirtschafts- und Investitionsbank Hessen (WiBank) und der Hessischen Filmförderung.
Dabei ist nach allem, was man hört, der politische Wille vorhanden, nach vielen Anläufen und Diskussionen die Konstruktionsmängel der hiesigen Förderarchitektur zu überwinden. Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung heißt es dazu ausdrücklich, dass "zur Verbesserung der Filmförderstrukturen in Hessen eine Film und Medien GmbH gegründet werden soll. Damit soll das Ziel verfolgt werden, eine effiziente Zentralisierung der kulturellen und wirtschaftlichen Förderungen zu erreichen und eine mit anderen Förderländern vergleichbare Struktur herzustellen". Und nichts anderes hat unlängst der Minister beim Berlinale-Empfang noch mal bekräftigt.
Allein daran beabsichtigt die Branche, das weitere Vorgehen im Hessischen Kunstministerium zu bemessen; wobei erwartet wird, die nächsten Schritte zügig anzugehen. Denn, daran erinnert Karl-Eberhard Schäfer von der Vereinigung der Hessischen Filmwirtschaft, das Wirtschaftsprogramm Hessen Invest ist nur noch bis Jahresende in Kraft. Und es scheint, als sei die Sorge groß, dass es erneut zu einer Hängepartie kommen könnte wie schon mehrfach zuvor, wenn die Fortsetzung des Programms zur Verhandlung anstand. Schäfer erhofft sich Entscheidungen, die auch in punkto Verstetigung der Mittel endlich zu einem guten Ergebnis führen.
Worum es in der gegenwärtigen Diskussion dagegen nicht unmittelbar geht, ist die Frage ums Geld. Die Mittel von 10 Millionen Euro reichten fürs erste aus, wenn sie nur effektiv und zielführend eingesetzt würden, verlautet aus dem Umfeld der Filmwirtschaft. Wobei nicht verkannt wird, dass die Dotierungen der kulturellen Filmförderung – circa 1,7 Millionen Euro – und des Hessischen Filmpreises (185.000 Euro) seit über zehn Jahren nicht mehr erhöht worden sind. Sie sind entgegen landläufiger Preisentwicklungen in unserem Land wie einbetoniert.
Ausgeschert aus dem Chor moderater Stimmen zum Geld ist allerdings kürzlich eine Gruppe von Nachwuchsproduzenten mit den Firmen Esperanto, Goldhamster und Neopol Film. Sie haben in einem Aufruf 1,8 Millionen Euro zusätzlicher Mittel eingefordert, um eine finanzielle Unterstützung explizit des Produzentennachwuchses aufzubauen. Robert Hertel (Goldhamster) erläutert die Position dazu: "Wir plädieren bei der Neuordnung des Fördersystems für eine Staffelung - große und kleine Projekte, neben TV und Nachwuchs. Das heißt, Produzenten bis 40 Jahre nicht nur bei Einzelprojekten, sondern beim Aufbau eines Geschäftsbetriebs mit Darlehen zu helfen., getragen durch eine eigens dafür eingestellte Finanzaufstockung."
Doch ob im Punkt Finanzen die Politik Spielräume sieht, muss in Zweifel gezogen werden. Insofern will die Branche in der Hinsicht zumindest keine überzogenen Erwartungen hegen.
Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)
Schlagworte: Filmförderung, Nachwuchs, Filmpolitik, Filmwirtschaft, Institution, Filmhaus Frankfurt