GRIP 47

01.11.2012

Film- und Mediennachwuchs in Hessen

Was wird aus dem Nachwuchs nach der Ausbildung? Wie können begabte Leute am Standort gehalten werden?

Von Maria Wismeth

Fast alle Hochschulen und Universitäten in Hessen beschäftigen sich auf die eine oder andere Weise mit Film. Film nicht nur verstanden als Narration mit Anfang und Ende, sondern als bewegtes Bild; Bilder in Zeit und Raum. An einigen der Hochschulen können als Abschlussarbeit Filme abgeliefert werden. Eine Filmhochschule gibt es in Hessen zwar nicht. Indessen gibt es Filmklassen mit unterschiedlicher Ausrichtung innerhalb eines Kunststudiums, und es gibt Filmunterricht innerhalb von Mediendesign-Studiengängen. Aus den Hochschulen gehen also breit ausgebildete Berufseinsteiger hervor, deren Ausrichtung nicht unbedingt praxisorientiert ist.

Was aber kann oder muß getan werden, damit Hochschulabgänger und junge Seiteneinsteiger im Land gehalten werden können und ihnen den Berufseinstieg erleichtert wird? Was bieten wir bisher an, um die Praxisorientierung zu verbessern und die Verbindung in die Branche hinein zu entwickeln?

Da ist beispielsweise die Hessische Filmförderung (HFF). Sie verfügt über einen Topf für Abschlussförderung und unterstützt diese Arbeiten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Professoren. Zudem wird jedes Jahr ein Hochschulabschlussfilm mit dem Hessischen Hochschulfilmpreis ausgezeichnet, der mit 7.500 Euro dotiert ist.

Dann haben wir die Hessische Film- und Medienakademie (hFMA). Sie fördert unter anderem die Vernetzung der Hochschulen in Hessen untereinander und nach außen mit dem bundesdeutschen Mediennachwuchs, und sie stärkt die Praxisorientierung durch Anbindung an die Branche. Anja Henningsmeyer, Geschäftsführerin der hFMA sagt: „Durch gezielte Angebote zum Beispiel von Filmhaus-Seminarplätzen ans hFMA-Netzwerk können wir der Praxisorientierung und den Weiterbildungswünschen von Studierenden und Studienabgängern verstärkt entsprechen.“ Des weiteren ermöglicht die hFMA ausgewählten Hochschulfilmen die Teilnahme im European Filmmarket der Berlinale (Hessen Talents-Programm).

Was gibt es noch? Zum Beispiel das Drehbuchcamp, eine Fortbildungsveranstaltung der HFF mit Stipendien, die Hessischen Hochschülern und Hochschulabgängern offensteht. Das Drehbuchcamp versteht sich neben den Fortbildungsseminaren für Autoren und Filmschaffende auch als Kommunikationsplattform mit der Branche und den Fernsehsendern.

Alle diese Bemühungen und eine Vielzahl anderer zeigen Wirkung, können aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass derzeit der bei weitem größte Teil der Studienabgänger sofort nach Studienabschluss abwandert, und Filmschaffende sich eher selten in Hessen niederlassen. Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass es keine Nachwuchsförderung gibt, die auf diese Gruppe zugeschnitten wäre und dass die Filmförderstrukturen unübersichtlich und verstreut sind.

Von dieser Situation ausgehend, haben die Geschäftsführerinnen der hFMA und der Hessischen Filmförderung, Anja Henningsmeyer und Maria Wismeth, gemeinsam ein Konzept entwickelt, das aus der Sackgasse führen soll. Der Lösungsansatz, der im Zuge einer Neustrukturierung der Hessischen Filmförderung umzusetzen wäre, ist eine Exzellenzförderung für jährlich ausgewählte Film- und Medientalente des Landes, die eine dauerhafte Präsenz des Clusters Film- und Medienbranche gewährleisten würde.

Im Kern dargestellt, ist die Idee folgende: Eine Jury sucht anhand vorgelegter Projektentwürfe zwei bis fünf Hochschulabgänger oder junge Seiteneinsteiger aus, die, über zwei Jahre begleitet, erste Schritte ins Berufsleben gehen können. Hierfür erhalten sie Stipendien. Das Förderangebot besteht aus einer Kombination von Kursen des Drehbuchcamps, des Filmhauses Frankfurt, Seminaren aus dem EU-Mediaprogramm und, last but not least, aus der Begleitung während des Projektzeitraums durch einen Mentor, der Beratung und Feed-Back in vordefiniertem Umfang leistet. Darunter fiele, daß der Mentor den Mentee auf Messen begleitet, bei der Projektentwicklung berät und die Umsetzung betreut, bis hin zu der Frage, welche Fernsehanstalt wie angesprochen werden soll und welche Verwertungsform in Frage kommt. Es handelt sich um ein Paket, das Berufseinsteiger in der Film- und Medienbranche, die extrem diversifiziert ist, kompetent unterstützt und mit den Erfordernissen der Branche bekannt macht.

Angesiedelt sollte das Programm bei derjenigen Filmförderinstitution sein, die aus den bestehenden Partikularinstanzen hervorgehen müßte und in der der auch eine Zusammenarbeit mit der hFMA berücksichtigt werden könnte. Das Programm würde Kompetenz und Präsenz der Partner bündeln, mit dem Schwerpunkt, die Stärken und Möglichkeiten des Filmstandortes Hessen gezielt für Berufseinsteiger zugänglich zu machen und so die Produktionsbedingungen für sie enorm zu verbessern.

* Maria Wismeth ist Geschäftsführerin der Hessischen Filmförderung

Kategorie: Gastbeitrag (ehemals Selbstdarstellungen von institutioneneigenen Mitarbeitern / ab GRIP 63)

Schlagworte: Filmförderung, Ausbildung/Weiterbildung/Studium, Nachwuchs, Filmpolitik

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