GRIP 46

01.05.2012

Sich nicht abkoppeln lassen

Die AG Dok tritt für eine Dokumentarfilmnominierung beim Hessischen Filmpreis ein

Von Hannes Karnick

Während Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bei der Neueröffnung des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt im August vorigen Jahres die besondere Bedeutung der Filmkultur bekräftigte und kurz darauf eine zusätzliche mit 100.000 EURO dotierte Dokumentarfilm-Nominierung für den Deutschen Filmpreis LOLA ankündigte, droht der Dokumentarfilm beim Hessischen Filmpreis dagegen eher ins Abseits zu geraten.

Statt wie bisher nur einen jeweiligen Preisträger auszuwählen und am Abend des Hessischen Filmpreises zu ehren, hatte man sich 2010 entschieden, vergleichbar anderen großen Filmpreisverleihungen mit Nominierungen anzutreten und zwar in den Kategorien "Bester Spielfilm" und "Beste Darsteller", wobei die Nominierungen "Bester Spielfim" mit einer Dotierung einhergehen. Von dieser Neuerung erhofften sich die Veranstalter naheliegender mehr glamouröse Spannung für die Gala in der Alten Oper.

Wie es heißt, habe der Hessische Rundfunk (hr) auf die Änderung bestanden, um dadurch die Prominentendichte zu erhöhen. Denn natürlich sind die nominierten Stars als Gäste geladen. Und so spielten auch im Vorfeld bei Pressekonferenzen und Presseterminen fast nur noch die Nominierungen eine Rolle. Und entsprechend war die Berichterstattung. Vom Dokumentarfilmpreis wurde, wenn überhaupt, nur noch nebenbei berichtet. Daß dem hr ein Jahr später diese Prominentenaufwertung auch nicht ausreichte und er die Übertragung der Filmpreisverleihung kurzerhand aus dem Programm gestrichen hat, sei nur als pikante Randnote angemerkt.

Auf Unverständnis stieß allenthalben aber, warum bei der Verfahrensänderung, wenn sie denn gewünscht war, der Dokumentarfilm dabei keine Berücksichtigung gefunden hat. Die AG DOK sah dies als eine Abwertung dieser Sparte an und forderte unmittelbar vom zuständigen Ministerium für Wissenschaft und Kunst ein Nominierungsverfahren auch für Dokumentarfilme. Von Staatsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) ist dazu inzwischen mitgeteilt worden, dass entgegen manchen Befürchtungen "der Dokumentarfilm für die Hessische Landesregierung nach wie vor einen hohen Stellenwert" habe und insofern die Kritik der AG DOK bei der Überprüfung des Filmpreis-Konzeptes auch mit einbezogen werde.

Weitere Gespräche des Minsteriums mit den Beteiligten für eine Neuausrichtung des Filmpreises sind zugesagt. Es heißt, dass die Preisträger wieder mehr in den Mittelpunkt gestellt werden sollten und die Dominanz der Moderatoren und Laudatoren reduziert werden solle. In diesem Zusammenhang werde auch das Nominierungsverfahren überdacht und ein entsprechendes Verfahren für Dokumentarfilme in Betracht gezogen. Ob der Hessische Rundfunk sich wieder stärker beim Filmpreis engagiert oder ob es bei der Sendepause wie 2011 bleibt, ist bisher nicht bekannt.

Pause haben auch die Gespräche der Initiative Hessen-Film mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Die Vorschläge der Initiative, in der sich die Vereinigung der Filmwirtschaft, das Filmhaus Frankfurt, das Hessisches Film- und Kinobüro sowie die AG DOK Hessen zusammengeschlossen haben, sind bisher ohne Resonanz geblieben, was die Neukonzeption der Hessischen Filmförderung anbelangt.

* Hannes Karnick ist Sprecher der AG Dok Hessen

Kategorie: Gastbeitrag (ehemals Selbstdarstellungen von institutioneneigenen Mitarbeitern / ab GRIP 63)

Schlagworte: Dokumentarfilm, Auszeichnung, Institution, Filmkultur, TV/Rundfunk

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