GRIP 46

01.05.2012

Höchst bleibt Höchst

18 Jahre spielte das Valentin im ehemaligen Kino der US-Streitkräfte – jetzt winkt das barocke Bolongaro-Palais

Von Holger Ziegler

Zum Jahreswechsel war es soweit - für das Filmtheater Valentin ging eine Ära zu Ende. 18 Jahre spielte das Valentin im Kinosaal einer stillgelegten US-Kaserne in Höchst. Mit seiner luxuriösen Beinfreiheit und der großen Leinwand gewann das Kino mit seinem ambitionierten Programm schnell Freunde und erreichte Kultstatus – auch über die Grenzen des Stadtteils hinaus. Dieses Publikum engagierte sich für den Erhalt des Kinos und bestätigte die Macher darin, ihr Konzept fortzuführen.

Gerade in einem Stadtteil wie Höchst mit einer hohen Dichte an Einwohnern mit Migrationshintergrund und eingerahmt von zwei Multiplexen im Main-Taunus-Zentrum und in Griesheim, war es wichtig, ein Zeichen für kulturelle Vielfalt und Integration zu setzen. Das fand öffentliche Zustimmung und wurde entsprechend mit zahlreichen Kinopreisen gewürdigt. Diese aufregende Zeit, mit all ihren Höhen und Tiefen, kam nunmehr zu ihrem vorläufigen Abschluss.

Das Kinogebäude an der Windhorststraße wurde verkauft und zum Abriss freigegeben. Das Valentin musste weichen, fand aber bald - mit Unterstützung der Stadt - eine neues Quartier: das spätbarocke Palais, das einst die italienische Familie Bolongaro errichten ließ; inmitten des Höchster Stadtkerns. Mit herrlicher, terrassierter Gartenanlage, die sich zum Main hin öffnet.

Derzeit erfolgen die Umbaumaßnahmen, um den vorgesehenen Gebäudetrakt im Ostflügel für den Spielbetrieb eines Filmtheaters herzurichten. Dafür werden eigens Wände eingerissen und Durchbrüche geschaffen, so dass das Valentin sich komplett im Erdgeschoss des Ostflügels einrichten kann. Große, helle Fenster im Foyer werden eine freundliche Atmosphäre bieten, die zum Verweilen einlädt. Die freien Wandflächen eines langen Funktionsganges werden mit Bilderrahmen versehen, die wechselnde Ausstellungen erlauben sollen

Dass es letztendlich relativ schnell zu dieser für alle Beteiligten glücklichen Lösung kam, ist nicht zuletzt der gemeinsamen Initiative von Höchster Bürgern und der Frankfurter Stadtpolitik zu verdanken, die das Filmtheater Valentin in jedem Fall für Höchst erhalten wissen wollten. Auch den Kinobetreibern war es in diesem Zusammenhang wichtig, nicht fortzuziehen, sondern im Stadtteil zu bleiben.

Mit dem Umzug in das Zentrum von Höchst, wird das Filmtheater Valentin mit seinem Programm im Stadtteil präsenter sein. Durch die direkte Nähe zum Bürgeramt Höchst, dem neuen Nachbarn, der sich im Hauptgebäude des Bolongaropalastes befindet, werden sich vielversprechende Anknüpfungspunkte ergeben. Erste Filmreihen in Zusammenarbeit mit Höchster Kulturinitiativen sind bereits in Planung. Die geplante kulturelle Nutzung des Bolongaropalastes durch das Filmtheater Valentin erfreut sich bereits reger Nachfrage, und nicht zuletzt bietet das zahlreich vorhandene Laufpublikum neue Perspektiven für die zukünftige Kinoarbeit.

Infolge diverser Verzögerungen bei den Renovierungsarbeiten im Bolongaropalast musste der Neustart des Kinos schon einmal verschoben werden. Jetzt ist die Neueröffnung für Ende Juni, Anfang Juli angekündigt.

Doch wenn alles so läuft, wie geplant, wird 2014 vermutlich ein abermaliger Standortwechsel anstehen. Von der Stadt ist die Offerte gekommen, ab 2014 in den Höchster Bahnhof zu ziehen, wenn dieser erst mal grundsaniert und restauriert ist. Der Reiz dieser Perspektive liegt in den Räumlichkeiten, die den Betrieb von zwei Kinosälen ermöglichen, plus Fläche für ein angeschlossenes Café, das als kommunikativer Treffpunkt fungieren könnte.

Doch zunächst steht der Startschuss im Bolongaropalast an, wo sich das Valentin, wie schon 18 Jahre zuvor in der Windhorststraße, mit anspruchsvoller und abwechslungsreicher Programmarbeit und diversen Reihen sein Publikum zurückerobern möchte.

* Holger Ziegler ist Theaterleiter im Kino Valentin

Kategorie: Gastbeitrag (ehemals Selbstdarstellungen von institutioneneigenen Mitarbeitern / ab GRIP 63)

Schlagworte: Kino, Filmkultur

Artikel im PDF aufrufen