GRIP 46
01.05.2012
Den kulturpolitischen Diskurs anstoßen
Frankfurt bietet ein vielfältiges Festivaltreiben – aber wie steht die Politik dazu? Ein Roundtable-Gespräch im Filmhaus Frankfurt
Von Daniel Güthert
Berstend voll war der Saal im Filmhaus Frankfurt. Ein Andrang wie selten. Eine Woche nach der Berlinale hatte das Filmhaus eingeladen zu einem Fachgespräch über die Situation der Filmfestivals in der Mainmetropole. Das Thema habe offenkundig "den Nerv der Zeit getroffen", wie Filmhaus-Geschäftsführer Ralph Förg in seiner Eingangsrede anmerkte.
Gekommen waren die Vertreter im Grunde aller Festivals in Frankfurt, immerhin an die 15 Veranstaltungen im Jahr, angefangen von den länderübergreifenden Reihen wie "Edit" und "Lichter", über das Kurzfilmprogramm "Short at Moonlights", bis hin zum Kinderfilmfest "Lucas" und den zahlreichen Länderkinematographien wie "Nippon Connection", "Cuba im Film" oder das "Türkische Filmfest".
Damit präsentiere Frankfurt eine Festivalbreite, so Förg weiter, die einzigartig sei und in ihrer internationalen Ausrichtung geradezu idealtypisch dem Selbstverständnis der Stadt entspreche, wie die Publikumsakzeptanz deutlich belege. Doch wie steht die Politik dazu? Tragen die kulturpolitischen Rahmenbedingungen in der Stadt diesem Phänomen überhaupt Rechnung? Welche Perspektiven kann die Politik den Festivals bieten? Fragen, denen sich die drei kulturpolitischen Sprecher der Römerfraktionen von CDU (Thomas Dürbeck), SPD (Renate Wolter-Brandecker) und der Grünen (Sebastian Popp) stellten.
Wunderdinge sind dabei freilich nicht herausgekommen. Doch erreicht war zumindest das Ziel, wie es Marion Klomfass (Nippon Connection) formulierte, die Politik für die Belange der Festivals zu sensibilisieren. Es war die Gelegenheit zu einer umfassenden Bestandsaufnahme, die reihum das immer gleiche Dilemma beschwor: die chronisch knappen Etats. Von "Edit" und "Lucas", den beiden großen institutionalisierten Festivals abgesehen, gilt für alle anderen die Devise: Das Herz ist voll, die Taschen sind leer.
Die Festivals basieren im Prinzip alle auf ehrenamtlicher Arbeit, getragen von minimalen Zuschüssen der Stadt oder des Landes plus etwaig eingeworbenen Sponsorengeldern. Das trifft für "Short-at-Moonlights" ebenso zu wie für die "Visionale" oder die "Lichter Filmtage". Und das zweite grundsätzliche Manko berührt den Abspielort: Wo findet man Filmtheater, die repräsentativ, geräumig, funktional und bezahlbar sind, um internationale Festivals beherbergen zu können? Und wie geht es weiter mit dem "Metropolis", wenn dessen über die Saalbau verankerte Kulturbindung womöglich in vier oder fünf Jahren ausläuft?
Einmütig waren alle drei Kulturpolitiker in ihrem Bekenntnis zum Film als Image- und Standortfaktor, ohne andererseits zu verschweigen, dass die finanziellen Spielräume eng seien. Der Haushaltsposten "filmkulturelle Maßnahmen" im Etat der Stadt lag bislang bei bescheidenen 45.000 Euro; eine Anhebung auf 60.000 Euro ist im Haushaltsentwurf 2012 enthalten. Prozentual eine imposante Steigerung, in absoluten Zahlen indes eher mäßig.
Dennoch ermutigte Dürbeck die Branche, die Politik anzusprechen und mit Fakten zu versorgen, vor allem wenn "die Zuschauerzahlen so beeindruckend sind". Sebastian Popp, als Geschäftsführer von Lunapark einst selbst Gründer und langjähriger Leiter der Edit, empfahl den Organisatoren, die Zusammenarbeit untereinander auszubauen, um so vorhandene Synergien auszuschöpfen Und auch er wiederholte die Aufforderung, die Politik regelmäßig mit aktuellen Zahlen auszustatten. "Geben Sie uns die entsprechenden Argumentationshilfen, damit wir in den schwierigen Haushaltsdebatten Ihre Interessen wirksam vertreten können." Schließlich sicherte auch Wolter-Brandecker zu, die Diskussion fortsetzen zu wollen. "Film ist ein Imageträger ersten Ranges", sagte sie und verwies auf den gerade errungenen Oscar für die Visual Effects in "Hugo Cabret", der an Pixomondo gegangen ist. Zusammen mit acht anderen Pixomondo-Studios waren auch die Frankfurter am Erfolg des Scorsese-Filmes maßgeblich beteiligt.
Wie sich erwies, war Filmhausleiter Ralph Förg gut beraten, in seiner Moderation allzu hochgesteckte Erwartungen von vornherein zu dämpfen. Er wollte den Abend allenfalls als Anstoß zum kulturpolitischen Diskurs zu den Festivals verstanden wissen. Und mehr konnte die Diskussionsrunde nicht leisten. Trotz größter Teilnahme. Aber der Anfang ist gemacht. Weitere Hearings und Diskussionsforen sollen folgen, so die Ankündigung der Beteiligten, um die Festivallandschaft in ihrer Lebendigkeit und Vielfalt zu erhalten und perspektivisch auch weiterzuentwickeln.
Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)
Schlagworte: Festival, Filmhaus Frankfurt, Filmpolitik, Kulturförderung, Filmkultur