GRIP 46

01.05.2012

Alleinstellungsmerkmal Kindercasting

Die Castingagentur talents & characters

Von Claudia Prinz

Für Filmprojekte ist Ingrid Stropp mit ihrer Castingagentur talents & characters die einzige erwähnenswerte Casterin im Rhein Main-Gebiet. Sie begann 1994 zuerst regional, nachdem sie lange als Werbefotografin gearbeitet hatte. Da in den vergangenen Jahren das Drehaufkommen in der Region stark gestiegen ist - nicht zuletzt durch die Aktivitäten von Hessen Invest –, ist sie inzwischen auch überregional tätig. Für den Film „Quellen des Lebens“ von Oskar Röhler nahm sie im vorigen Jahr an einem großen nationalen Casting teil, in Matthias Schweighöfers „What a man“ spielten über 50 von ihr ausgesuchte Kinder mit und sie erschien sogar auf dem Abspann, was sonst bei Nebenrollen nicht üblich ist.

Auf das Casten von Kindern hat sie sich inzwischen spezialisiert. Das gilt allgemein in der Branchen als schwierige Aufgabe, denn nicht selten werden die Agenturen von ehrgeizigen Eltern überrannt, die große Hoffnungen in ihre Sprösslinge setzen. Das blockt Ingrid Stropp von vornherein ab: „Es hat keinen Sinn, wenn Eltern sich in ihren Kindern selbst verwirklichen wollen und sie deshalb pushen. Ein Kind sollte von sich aus offen sein und Bereitschaft zeigen. In der Werbefotografie ist das noch nicht ganz so wichtig, aber beim Film braucht es Talent. Da muss ein Text leicht gelernt werden und nach kurzer Übung lässt man sie los und sie fliegen.“

Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der qualitativen Entwicklung junger Talente für Kino, TV und Werbung, die sie entdeckt, betreut und coacht. Da aus Kindern Heranwachsende werden, hat sie in letzter Zeit auch ambitionierte Jugendliche und junge Erwachsene, die schon Erfahrung oder etwas Schauspielunterricht mitbringen, in ihrer Kartei aufgenommen.

Inzwischen hat sie sich eine gigantische Datei aufgebaut, denn Kinder verändern sich schnell und sie versucht, möglichst aktuell zu sein. Dabei arbeitet sie mit der Frankfurter Agentur Fashion Kids zusammen, die überwiegend in der Werbung tätig ist. Früher gab es in Frankfurt eine ganze Reihe von Agenturen, die mit mehr oder weniger Engagement Kinder vermarkteten, bis 2004 ein neuer Leiter im Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik dem ein Ende bereitete. Das Jugendschutzgesetz schreibt vor, dass alle Kinder, die arbeiten, angemeldet werden müssen. Das ist ein größerer bürokratischer Zeitaufwand und kostet Geld. Für die meisten Agenturen lohnte sich die Arbeit mit Kindern fortan nicht mehr.

Ohnehin ist Kindercasting nicht sehr lukrativ. Es gehört eine Menge Idealismus dazu, hat Ingrid Stropp gemerkt. Aber ihr macht es Spaß, gerade bei Film etwas zu bewirken: „Mein Ehrgeiz ist es, die beste Rolle zu besetzen. Das muss nicht einmal ein Kind aus meiner eigenen Agentur sein, sondern ein Kind, das für die Rolle passt und mit dem auch der Regisseur zu hundert Prozent zufrieden ist. Da unterscheide ich mich von manchen Kollegen, indem ich nicht auf Biegen und Brechen die von mir betreuten Kinder in die Rollen hieven will.“

In Casting-Agenturen für erwachsene Schauspieler ist es im allgemeinen nicht üblich, gleichzeitig Darsteller zu betreuen und zu besetzen. Bei Kindern ist die Trennung schwierig, denn da ist ein Rundumservice vonnöten, der von Typen-Recherche, Live-Casting und Beratung bei Video- und Foto-Vorstellung über Kontaktanbahnung, Vermittlung und Vertragsarbeit bis zur Betreuung am Set reicht. Ingrid Stropp erwartet dabei eine gewisse Professionalität nicht nur von den Kindern, die sie unterstützt und fördert, sondern auch von den Eltern, die ihr Kind begleiten, denn für Kinder gelten strenge Schutzbestimmungen: Arzt, Jugendamt und Schule müssen zustimmen, sechs Stunden am Tag und dreißig Drehtage im Jahr sind die Obergrenze; Drehbücher werden auf Jugendgefährdung geprüft. Deshalb brauchen auch Eltern Verhaltensanweisungen, damit sie die Bedürfnisse ihrer Kinder richtig einschätzen und erkennen, wann gegebenenfalls das Kind müde ist oder Hunger hat. Denn Ingrid Stropp hat die Erfahrung gemacht, das Filmleute daran nicht denken und Kinder manchmal so eifrig bei der Sache sind, dass sie Essen und Trinken vergessen.

Mit ihren Erfolgen ist Ingrid Stropp bisher zufrieden, durch ihre Casting-Arbeit für Werbefilme, die Hälfte ihrer Tätigkeit ausmacht, kann sie von ihrer Arbeit leben. Ihr nächstes Ziel ist, bundesweit noch bekannter zu werden und in Zukunft möchte sie auch erwachsene Schauspielerinnen und Schauspieler betreuen.

Kategorie: Firmenportrait (GRIP FACE)

Schlagworte: Schauspiel, Werbefilm, Spielfilm, Filmproduktion

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