GRIP 38

01.05.2008

Nicht jedes Drehbuch wird verfilmt

Wie in Bund und Ländern Drehbuchautoren gefördert werden.

Von Reinhard Kleber

Kein guter Spielfilm ohne ein gutes Drehbuch. Diese Filmemacherweisheit haben sich auch die Filmförderungen in Bund und Ländern auf die Fahnen geschrieben und über die Jahre eine vielfältige Förderstruktur zugunsten der Drehbuchautoren entwickelt, die neuerdings durch unabhängige Initiativen ergänzt wird.

Zu den wichtigsten Förderern von Drehbüchern zählt die Filmförderungsanstalt. Sie gewährt zur Herstellung von Drehbüchern für programmfüllende Filme rückzahlungsfreie Zuschüsse bis zu 25.000 Euro, in Ausnahmefällen bis zu 50.000 Euro. Für die Fortentwicklung des Drehbuchs können weitere 30.000 Euro gewährt werden. Im Zuge der anstehenden Novellierung ist geplant, die Drehbuchförderung zu stärken, hier sollen künftig bis zu 50.000 Euro ausgereicht werden.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) betätigt sich in mehrfacher Hinsicht als Förderer von Drehbüchern. Einmal durch den Deutschen Drehbuchpreis, der mit maximal 30.000 Euro verbunden ist. Sind mehrere Autoren an dem prämierten Werk beteiligt, kann die Dotierung erhöht werden. Der Preis ist allerdings mit der Auflage verknüpft, dass 25.000 Euro für die Herstellung eines neuen Drehbuchs zu verwenden sind. Antragsberechtigt ist der Autor, der bei der Verfilmung des Drehbuchs nicht selbst Regie führt.

Zum zweiten gewährt der BKM - als nicht rückzahlbaren Zuschuss - Drehbuchförderung für programmfüllende Spielfilme in Höhe von 15.000 Euro für die Grundförderung und zwischen 15.000 und 35.000 Euro für die Fortentwicklungsförderung. Voraussetzung ist, dass der Autor mit dem Drama Department zusammenarbeitet, das vom BKM beauftragt wurde. Antragsberechtigt ist auch hier jeweils der Autor. Die Fortentwicklungsförderung wird nur ausgezahlt, wenn ein Produzent ernsthaft die Verfilmung des Drehbuchs anstrebt und mindestens 10.000 Euro in die Finanzierung des Drehbuchs einbringt.

Eine Sonderstellung nimmt das Kuratorium junger deutscher Film ein, das sich als älteste länderübergreifende Filmfördereinrichtung 1998 erfolgreich neu positioniert hat. Seitdem fördert es schwerpunktmäßig den Talentfilm und den Kinderfilm. In beiden Bereichen fördert die in Wiesbaden beheimatete Einrichtung neben Projektentwicklung und Produktion auch Drehbücher. Im Bereich Talentfilm werden bedingt rückzahlbare, zinslose Darlehen bis 15.000 Euro vergeben. Antragsberechtigt sind Autoren, die an ihrem ersten oder zweiten Drehbuch arbeiten.

Das Besondere beim Kuratorium: In beiden Förderbereichen wird eine dramaturgische und organisatorische Betreuung der geförderten Projekte geboten. Wegen seiner bei 15 Bundesländern als Trägergemeinschaft peinlich geringen Finanzausstattung kommt das Kuratorium nicht umhin, sich mit anderen Fördereinrichtungen zu vernetzen. So definiert es die Produktionsförderung in erster Linie als Anschubförderung, die dem Projekt den Zugang zu anderen, in der Regel deutlich kapitalstärkeren Förderangeboten erleichtern soll. Folgerichtig ist der Auswahlausschuss denn auch mit sieben Vertretern größerer Länderförderinstitutionen besetzt.

Als Reaktion auf neuerliche Etatkürzungen entschloss sich das Kuratorium Anfang 2005 zu einem weiteren Einschnitt. Es legte die Förderung des Kinder- und Jugendfilms in die Hände eines gemeinsamen Gremiums mit dem BKM. Dieses entscheidet gemeinsam über die Förderung in den drei Förderstufen, teilt sich aber die Aufgaben. Während das Kuratorium die Drehbuch- und Projektentwicklungsförderung mit eigenen Geldern bestreitet - jährlich derzeit etwa 200.000 Euro -, wird die finanzintensivere Produktionsförderung aus den Töpfen des BKM bestritten wird - jährlich etwa eine Million Euro. Die maximalen Förderbeträge betragen bei Kinderfilm-Drehbüchern 30.000 Euro, in Ausnahmefällen bis zu 50.000 Euro.

Die Resultate sehen überraschenderweise sehr unterschiedlich aus. "Bei den Talentfilmen werden pro Jahr 60 bis 80 Treatments eingereicht und zwei bis drei gefördert, aber realisiert wurde zuletzt so gut wie keins", berichtet Monika Reichel vom Kuratorium. Dennoch halte das Kuratorium an dieser Förderart fest, da es nicht nach Effektivität oder Wirtschaftlichkeit arbeite, sondern dem Nachwuchs eine Chance geben wolle.

Ganz anders die Erfolgsquote beim Kinderfilm. "Hier bekommen wir im Jahr etwa 20 Anträge, von denen vier bis fünf Drehbücher gefördert werden," so Reichel, "drei bis vier Drehbücher werden verfilmt." Hauptgrund dafür sei, dass beim Kinderfilm meist erfahrene Autoren mit guter Marktkenntnis Anträge stellten.

Auch die meisten Fördereinrichtungen der Länder unterstützen das Schreiben von Drehbüchern. So fördert die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen Drehbücher mit bedingt rückzahlbaren Darlehen von maximal 20.000 Euro, bei mehr als einem Autor von maximal 40.000 Euro. Im Low Budget-Bereich unterstützt zudem die Abteilung "Produktion 2", in die die Förderaktivitäten des Filmbüros NW übergegangen sind, das Drehbuchschreiben.

Seit ihrer Gründung 1991 hat die Filmstiftung über 300 Drehbücher gefördert, von denen mehr als jedes zehnte realisiert wurde. Filmstiftungsgeschäftsführer Michael Schmid-Ospach erwägt daher Konsequenzen: "Der bundesweit geringe Erfolg der Drehbuchförderung zwingt dazu, über neue Wege der Drehbuchförderung nachzudenken." So werde geprüft, ob diese Förderung nicht eher in die Hände der Produzenten gehöre als in die öffentliche Hand.

Eine besonders ambitionierte Drehbuchförderung bietet die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG), die nach vier Modellen unterscheidet: Neueinsteiger, Filmhochschulabsolventen, erfahrene Drehbuchautoren und Produzenten mit Drehbuchautoren. Die Höchstsummen der erfolgsbedingt rückzahlbaren Darlehen liegt in den beiden ersten Fällen bei 60.000 Euro, in den übrigen bei 45.000 Euro.

Für die Teilnehmer eines Drehbuchcamps, das auch von der Hessischen Filmförderung unterstützt wird, vergibt die "MFG" Stipendien, wenn die Autoren ihren Wohnsitz in Baden-Württemberg haben. Ein Preisgeld von 25.000 Euro bekommt der Gewinner des Baden-Württembergischen Drehbuchpreises für ein Skript mit eindeutigem Bezug zum Bundesland.

Jenseits der etablierten Förderungen machen in letzter Zeit neue Initiativen rund um’s Drehbuch auf sich aufmerksam. Soeben ins Leben gerufen wurde der mit 25.000 Euro dotierte Drehbuchpreis "Kindertiger", den der Kindersender KI.KA und Vision Kino im Dezember vergeben werden. Einen weiteren Spartendrehbuchpreis, den Deutschen Animationsdrehbuchpreis im Wert von 5.000 Euro, haben im Vorjahr das Stuttgarter Trickfilmfestival und die Evangelische Kirche in Deutschland erstmals vergeben.

76 Einsendungen verzeichnete die Organisation FilmInitiativ Köln im Vorjahr für den Drehbuchpreis "KölnFilm", den die Imhoff Stiftung mit 15.000 Euro dotiert. 2007 gewann die Autorin Sabine Bernardi den Preis für ihr Treatment "Gay Romeos". Der rührige Filmservice Münster.Land lud ebenfalls 2007 zur ersten Drehbuchbörse ein für Filmstoffe mit Bezug zur Stadt oder zum Land. 15 Produzenten aus dem In- und Ausland verfolgten das Pitching von 15 Autoren, die ihre Skriptideen für Münster-Filme vorstellten.

Zusammen mit dem Autobauer VW vergibt das Filmfest Emden-Norderney nun schon zum dritten Mal den mit insgesamt 12.000 Euro dotierten Volkswagen Drehbuchpreis. Eine zusammen mit dem Adolf-Grimme-Institut berufene Jury nominiert dafür drei Manuskripte. Das Preisgeld ist zweckgebunden für die Entwicklung neuer Projekte. In diesem Jahr stellten sich die drei bisherigen Preisträger Martin Theo Krieger, Hardi Sturm und Kai Hafemeister bei einem Empfang in der "Golden Bear Lounge" der Berlinale vor. Dort konnte Festivalleiter Rolf Eckard stolz verkünden, dass alle drei Bücher bereits verfilmt sind.

Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)

Schlagworte: Drehbuch, Filmförderung, Filmpolitik, Auszeichnung, Institution

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