GRIP 38

01.05.2008

Die amerikanische Writer’s Guild als Vorbild

Seit 1986 setzt sich der Verband der Drehbuchautoren für die Belange seiner Mitglieder ein

Von Katharina Uppenbrink

Eine Geschichte zu schreiben ist zumeist ein ungemein einsamer Job. Leere Seiten, ein weißer Monitor, auf dem eine neue Welt entstehen soll. Das ist alles. Keine Bilder, keine Vorlage, höchstens Vorbilder. Und eine originäre Idee.

Diese Individualität macht die Qualität und den Charme der Werke aus, aber sie schwächt zugleich die Position der Autoren auf diesem anonymen und inzwischen internationalen Markt: Jeder für sich und Gott gegen alle. Deshalb haben sich bereits 1986 professionelle Drehbuchautoren zum Verband deutscher Drehbuchautoren e.V. (VDD) zusammengeschlossen – als politische Interessenvertretung aller Drehbuchautoren bei Novellierungen von Urheberrecht oder Filmförderung, um sich nachhaltig einzumischen sowohl in den Gremien der Förderungsinstitutionen als auch andernorts, wie etwa bei der VG Wort.

„Und warum streikt Ihr nicht? Ihr seid doch so etwas wie die WGA, die Writer's Guild of America?“ Tatsächlich ist auch der VDD eine Writer's Guild, ähnlich der amerikanischen Gewerkschaft, die zuletzt mit ihrem fünfmonatigen Streik weltweit Aufsehen erregte und von zahlreichen prominenten Schauspielern und Schauspielerinnen unterstützt wurde: Woody Allen, Glenn Close, Felicity Huffman, Eva Longoria und vielen anderen. Tatsächlich hat sich der Streik schließlich gelohnt: Die amerikanischen Autoren konnten höhere Beteiligungen an DVD-Erlösen und Internetrechten durchsetzen.

In Deutschland ist der VDD für ähnliche Fragen zuständig, allerdings ist er im Gegensatz zur WGA keine Gewerkschaft sondern ein Berufsverband: Ein Streik mit gesetzlichen Garantien und einer Streikkasse wäre auch deswegen nicht möglich. Doch die Ausgangslage ist die gleiche: Auch die deutschen Drehbuchautoren werden – wie andere Kreative – nicht wirklich am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Arbeit beteiligt. „Kein Drehbuch – kein Film!“ - deshalb streitet der VDD nicht nur um die Verbesserung der Honorare, sondern auch um die neuen Verwertungsformen, also um einen fairen Anteil an den DVD-, Video on Demand- und Interneterlösen. Nach jahrelangem zähen Ringen befindet sich der VDD nun endlich in einer wichtigen Verhandlung mit Produzenten und Fernsehanstalten um eine solche „angemessene Vergütung“ – ein Auftrag, den immerhin der Gesetzgeber ins Urheberrecht hineingeschrieben hat.

Neben den finanziellen Bedingungen konzentriert sich der VDD auch auf die sonstigen Rahmenbedingungen der Filmproduktion. So meldete er sich natürlich zu Wort, als jetzt das Urheberrecht novelliert wurde, und hat prononciert und detailliert Stellung bezogen - als einzelner Verband, aber auch im engen Zusammenschluss mit anderen Kreativen, deren Verbände gleiche oder ähnliche Forderungen haben. Auch bei der aktuellen Novellierung des Filmförderungsgesetz kooperiert der VDD und hat dazu – auf Grundlage eines Vergleichs mit anderen europäischen Ländern und den USA – ein völlig neues Konzept der Drehbuchförderung entwickelt. Dieses Gesetzgebungsverfahren ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch die Resonanz auf die Forderung der Autoren, die Stoffentwicklung in Deutschland endlich ernster zu nehmen, stößt überall auf große positive Resonanz. Mit diesem Rückenwind geht der VDD daran, auch mit den regionalen Förderern neue Konzepte und Ideen zu entwickeln, erste Gespräche wird es in Kürze geben.

Drehbuchautoren sind die Geschichtenerzähler unserer Zeit. Sie helfen mit ihrer Arbeit, das kulturelle Erbe der Menschheit zu erhalten und verdienen daher Unterstützung. So steht es in der Präambel zum Manifest der europäischen Drehbuchautoren, das Ende 2006 auf der von der FSE (Federation of Screenwriters of Europe) organisierten 1. Europäischen Konferenz der Drehbuchautoren verabschiedet wurde. Der VDD hat sich als Mitbegründer dieses Dachverbands der europäischen Drehbuchautoren engagiert, weil wir wissen, dass zentrale Bedingungen unserer Arbeit längst nicht mehr nur in Berlin, sondern in Brüssel entschieden werden.

Dem Verband Deutscher Drehbuchautoren gehören inzwischen über 420 namhafte Film- und Fernsehautoren an, auf deren ganz spezielle Interessen der VDD zugeschnitten ist. Neben der politischen Arbeit haben die Autoren des Verbands Zugang zu zahlreichen Serviceleistungen: Kostenlose Rechtsberatung, die auch Honorarfragen einschließt, ein exklusiver und regelmäßig aktualisierter Honorarspiegel, den Newsletter SCRIPT, aktuelle Informationen via Email sowie Zugang zu zahlreichen Foren und Veranstaltungen des VDD. Dazu gehören auch monatliche Treffen zum Gedankenaustausch und Networking, denn, wie gesagt: Einen Film zu schreiben ist ein verdammt einsamer Job.

Katharina Uppenbrink ist Geschäftsführerin des Verbandes deutscher Drehbuchautoren (VDD)

Kategorie: Gastbeitrag (ehemals Selbstdarstellungen von institutioneneigenen Mitarbeitern / ab GRIP 63)

Schlagworte: Drehbuch, Sozialversicherung, Institution

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