GRIP 36

01.05.2007

Stuttgart wirbt mit der "Besenwirtschaft"

Ein Jour Fixe zu Location Scouts und Film Commissions im Filmhaus Frankfurt

Von Daniel Güthert

Den Blick gelegentlich über den Tellerrand zu wagen, ist das Ziel vom Filmhaus Frankfurt. So hatte Filmhaus-Geschäftsführer Ralph Förg für den den März-Jour Fixe zum Thema "Arbeit und Bedeutung von Film Commissions" neben drei Hessischen Vertetern auch die Leiterin der Stuttgarter Film Commission, Marianne Gassner, eingeladen. Und Gassner nutzte die Gelegenheit, um ausführlich über Erfahrungen und Standing des Stuttgarter Service-Büros zu berichten.

Anders als in den meisten Regionen ist die Stuttgarter Film Commission nicht an die Filmförderung des Landes angedockt, sondern an die Wirtschaftsförderung der Stadt. Insgesamt verfügt das Bundesland Baden-Württemberg über vier vergleichbare Anlaufstellen: neben Stuttgart gibt es Service-Center noch in Freiburg und am Bodensee sowie für die Region Rhein-Neckar in Mannheim, deren Aufgabenstellungen weitestgehend identisch sind: sie sind Anlauf- und Beratungsstelle für Filmproduktionen, die in der jeweiligen Region tätig werden wollen.

Vorrangig stellen die Location Büros eine Art Informationsbörse dar zu mehr oder minder allen Fragen rund ums Drehen, angefangen von geeigneten Drehorten und Motiven, über Büro- und Produktionsräume bis hin zu Datenbanken und sogenannten "Production Guides", aus denen qualifiziertes Filmpersonal empfohlen werden kann. Geholfen wird aber auch bei Drehgenehmigungen, bei der Zusammenarbeit mit Behörden und Ämtern. Übers Internet kann man etwa auch Vertragsvordrucke oder Internetstreamer zu diversen Drehorten abrufen.

Als Spezialservice schließlich bietet Marianne Gassner noch drei bis vier Mal im Jahr Location Touren für internationale Gäste an: "Wir wollen natürlich für die Besonderheiten unsrer Region werben. Und am Schluß machen wir den Abstecher in eine typische Besenwirtschaft". Für Kathrin Ahrens vom Location Büro Hessen sind solche Rundreisen für internale Filmgäste ebenfalls ein geeignetes Instrument, die Region zu promoten. Drei Touren habe sie 2006, unter anderem in Verbindung mit der Postproduction-Messe Edit und der Buchmesse, durchführen können. Und wie zielführend solche Aktivitäten sein können, habe sich vor drei Jahren offenbart, als sie mit einer Delegation des indischen Bollywood-Kinos in Hessen herumgefahren sei.

Ein Jahr später hat daraufhin der indische Produzent Vinod Kumar Singh seinen Spielfilm "The Traitor" an der Bergstraße realisiert, betreut dabei von von der privaten Agentur Location Germany. Im Jahr 2001 hatte sich Christoph Rau mit seiner in Darmstadt ansässigen Locationfirma selbständig gemacht. Heute leiste er gewissermaßen, wie Rau formulierte, Vorreiterdienste in einer als Filmkulisse wenig genutzten Region. Inzwischen habe auch die lokale Politik, so Rau, die Imagewirkung der Film- und Medienbranche erkannt. "Wirtschafts- und Tourimusförderung sind heute ganz entscheidende Partner für mich." So erweise sich die enge und gute Zusammenarbeit mit den Landräten und den Behörden für ihn als das A und O für den Erfolg seiner Tätigkeit.

Eine solche Scharnierwirkung zwischen Regionalförderer und privater Agentur bezeichnete Marianne Gassner geradezu als Idealfall. "Unser Ziel ist ja, Jobs für Filmschaffende zu sichern, nicht zu gefährden." Insofern lege sie Wert darauf, daß das Location Büro Stuttgart eben nur Informationsstelle und Marketingbüro sei und nicht als aktiver Dienstleister auftrete. Zehn bis zwanzig Spiel- und Fernsehfilme, rund 200 Kurzfilme – überwiegend von Absolventen der Filmhochschule Ludwigsburg – sowie eine stattliche Zahl von Image- und Werbefilmen betreue das Location Büro Stuttgart im Jahr. Ein Zahl, die in Frankfurt, wie Klaus Etzrodt, Leiter der Service-Stelle Veranstaltungen bei der Stadtverwaltung, berichteten konnte, sogar um einiges übertroffen werde.

Über 1.200 Drehgenehmigungen habe Frankfurt 2006 erteilt, was in der Höhe aber auch mit der WM zusammengehangen habe. 1995 ist das Service-Büro beim Ordnungsamt eingerichtet worden, das sich ausschließlich für die Genehmigung öffentlicher Veranstaltungen – immerhin 5.000 im Jahr - und für die Dreharbeiten im öffentlichen Raum kümmere. Die immer wieder beklagten Restriktionen, so auch an diesem Abend, beim Drehen am Flughafen oder in Hochhäusern gehen insofern nicht auf das Konto der Stadtverwaltung, die, wie Etzrodt unterstrich, heute mehr denn je versuche, den Wünschen der Filmleute zu entsprechen. Und mit 158 Euro (bis 500 Euro) pro Drehgenehmigung sei die Stadt, laut Etzrodt, sogar vergleichsweise günstig, was aus dem Plenum bestätigt wurde.

Kategorie: Hintergrundbericht (GRIP FORUM)

Schlagworte: Filmhaus Frankfurt, Wirtschaftsförderung, Filmförderung, Dreharbeiten

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