GRIP 34
01.02.2006
Sprunghafte Förderpolitik
Beim Berlinale-Empfang kündigt Minister Corts die Neuauflage der wirtschaftlichen hessischen Filmförderung mit 20 Millionen Euro an
Von Daniel Güthert
Hic Rhodos, hic salta. Mehr als einmal hatte die hessische Landesregierung in den zurückliegenden Monaten zu einem couragierten Sprung angesetzt: die Weiterführung der wirtschaftlichen Filmförderung von Hessen-Invest Film. Doch geschehen ist nichts. Nun hat der hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts (CDU), seinen filmpolitischen Hechtsprung auf der Berlinale vollzogen; doch auch jetzt scheiden sich die Geister: ist er gesprungen oder nicht?
Die Plattform des Filmfestivals nutze Corts, um vollmundig zu erklären: »Ab sofort können Anträge für unser neues Programm »FilmFinanzierungsFonds Hessen-Invest Film« bei der InvestitionsBank Hessen (IBH) eingereicht werden.« Mit diesem Bürgschaftsprogramm stehe nun, so der Minister weiter, ein Volumen von 20 Millionen Euro für die Laufzeit von vier Jahren zur Verfügung. Damit sollen Investitionen in ökonomisch vielversprechende Filmprojekte eingebracht werden, damit das Kulturgut Film mit deutscher Beteiligung im internationalen Wettbewerb gestärkt und insbesondere der Film- und Medienstandort Hessen gefördert werde. Dabei möchte Corts das Land nicht nur an den Risiken, sondern auch an den Erfolgen der jeweiligen Projekte angemessen beteiligt sehen.
Keine Hürde sieht der Minister dagegen in den EU-rechtlichen Bedenken, die seit neuestem im Raum stehen. »Die EU-relevanten Daten müssen geprüft werden, aber ich gehe davon aus, dass die EU-Kommission keine Einwände gegen das Finanzierungsprogramm erheben wird. Ansonsten stünde gleich die gesamte Filmförderung in Deutschland zur Disposition.« Geplant sei von daher, das Programm definitiv am 15. April zu starten und die Bewertungskommission Mitte Mai schon zur ersten Arbeitssitzung einzuberufen.
Einzelheiten zur operativen Umsetzung waren jedoch beim Berlinale-Empfang nicht zu erfahren. Bekannt wurde nur, dass die gewährten Darlehen künftig mit einer Verzinsung von zwei Prozent belastet werden sollen. Ansonsten soll die alte Richtlinie von Hessen- Invest Film auch für die neue Vergabepraxis gültig bleiben. Zumindest geht Produzent Karl-Eberhard Schäfer (U5-Filmproduktion) davon aus: »Einige Details müssen noch geklärt werden, wie zum Beispiel die Laufzeit der Zinsschuld. Aber alles andere wird wohl beim alten bleiben. Das ist jedenfalls mein Kenntnisstand.«
Und dennoch: ungeachtet der vielversprechenden Ankündigung des Ministers scheinen viele Details noch immer unklar zu sein. Unklar ist beispielsweise auch, wieso das EU-Notifizierungsverfahren erst jetzt, im Februar 2006, eingeleitet worden ist; denn die EU-Kompatibilität spielte schon 2002 bei der Einführung von Hessen-Invest Film eine zentrale Rolle.
Nach dem Stand der Dinge ist jetzt eine Verzögerung von mehreren Monaten zu gewärtigen, denn das in Brüssel eingeleitete Notifizierungsverfahren werde, wie aus dem Ministerium verlautet, sicher einige Monate in Anspruch nehmen. Also sinnt man gegenwärtig auf Übergangslösungen. Eine könnte darin bestehen, dass nach der sogenannten De-minimis-Regelung verfahren wird, wie Gerhard Bauer, Leiter der Frankfurter InvestitionsBank Hessen, erläutert. Demzufolge sind Beihilfen mit einem Subventionswert bis zu 100.000 Euro auch ohne Notifizierung und Genehmigung der EU-Kommission zulässig. Unklar sei dabei allerdings, so Bauer, welcher Subventionswert auf einen Kredit der Filmförderung entfalle.
Unverständlich ist für manchen Beobachter aber auch, warum sich die Neuauflage von Hessen-Invest Film seit über einem Jahr ergebnislos hinzieht, wodurch der Branche viel Dynamik verlorengegangen sein dürfte. »Da sind uns etliche Projekte in den letzten Monaten weggebrochen,« ist Christel Brunn, Chefin der tvt-production und Sprecherin des Verbandes Hessischer Filmwirtschaft, überzeugt. Um so mehr vertraut sie jetzt darauf, dass die Ministerworte keine leeren Versprechungen bleiben.
Denn dass die Standortförderung mit Hessen-Invest Film erfolgreich war, ist unbestritten. In ihrer Evaluationsprüfung hatte die IBH dem Programm im Januar 2005 Bestnoten ausgestellt und die Verlängerung empfohlen. Insgesamt 43 Projekte sind im Rahmen von Hessen-Invest Film genehmigt worden, mit einem Darlehens- und Beteiligungsvolumen von über 9,7 Millionen Euro und einem Regionaleffekt von über 150 Prozent zugunsten des Landes. Ein Ergebnis, das, so Bauer, die Wirtschaftlichkeitseffizienz des Programmes nachdrücklich unterstreicht. Da die Mittel von Hessen-Invest Film damit ausgeschöpft sind, wäre eine Neuauflage und deren zügiger Start dringend erforderlich, ganz im Sinne des Ministers, dessen Ankündigung in Berlin wie ein Aufatmen wirkte: »Ich bin froh, dass wir endlich ans Werk gehen können«.
Beratungszentrum für Wirtschaftsförderung der InvestitionsBank Hessen (IBH) Frankfurt/M:
Ansprechpartner: Dr. Gehard Bauer (Leitung), Jürgen ten Elsen, Britta Bachmann
Schumannstraße 4-6, 60325 Frankfurt am Main
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Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)
Schlagworte: Filmpolitik, Festival, Filmförderung, Wirtschaftsförderung
