GRIP 34

01.02.2006

Road Movies

Hessische Filme touren wieder durch Hessen

Von Erwin Heberling

Obwohl Hessen filmpolitisch im Ländervergleich eher eine bescheidene Rolle spielt, wird immer wieder mit dem Prädikat »Filmland Hessen« geworben. Früher bei der Frankfurter Filmschau, danach auch bei anderen hessischen Festival mit regionalen Schwerpunkten. Was auch als Beleg gelten kann für die grße Zahl kreativer Köpfe, die unter schwierigen Bedingungen für das Entstehen einer produktiven und lebendigen Filmszene gesorgt haben.

»Freches, Experimentelles, Schräges, Obszönes, Dokumentarisches« – so wurden neue hessische Produktionen vor zehn Jahren bei der damals noch vom Filmbüro ausgerichteten 11. Frankfurter Filmschau angekündigt. Ein Motto, das bis heute gilt und auf die Stärken der hessischen Filmszene anspielt. Wie erfolgreich gerade der Dokumentarfilmbereich ist, zeigen Beispiele wie »Black Box BRD« von Andreas Veiel, »Augenlied« von Mischka Popp und Thomas Bergmann, »Carpatia« von Andrzej Klamt oder »Land am and« von Götz Penner.

Nun haben sich in den zurückliegenden zehn Jahren die Bedingungen und Chancen für Filmemacher zum Teil radikal verändert. Neue digitale Formate erleichtern einerseits das Filmemachen, neu entstandene Festivals und Kleinverleiher sowie beginnende digitale Distributions- und Projektionsformen sorgen für neue Abspielmöglichkeiten. Andererseits aber steckt das Kino in einer strukturellen Krise, Fernsehsender setzen eher auf Quote statt Qualität, und das filminteressierte Publikum kann sich aus einer größeren Palette an Präsentationsformen bedienen.

Geblieben ist hingegen der Anspruch des Filmb¨ro, die lokale und regionale Filmszene zu unterstützen. Mit der Ende 2004 gestarteten Reihe »HessenFilmTour« gibt es nun ein starkes Label. »HessenFilmTour« versteht sich als Auswertungsfenster für Filme aus Hessen, die auf dem Verleih- und Kinomarkt – besonders angesichts der Fülle wöchentlicher Neustarts – einen schweren Stand haben. Es dient der Förderung der heimischen Filmemacher, die sich und ihre Arbeit so einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen können.

Dabei profitiert »HessenFilmTour« von der Struktur des Film- und Kinobüros, das die Verbindung von Produktion und Abspiel schon im Namen trägt. In den vergangenen fuuml;nf Jahren ist durch die Integration der hessischen Kinoszene ein breitgef&aml;hertes Netzwerk entstanden, das eine geradezu ideale Ausgangsbasis darstellt, um Filmemacher und Kinos zusammenzubringen. Heute zählen hessenweit rund 40 Kinos zu den Mitgliedern des Büros, neben Programm- und kommunalen Kinos auch traditionelle Filmtheater.

Wichtiger Bestandteil jeder Tournee ist das Gespräch mit den Filmemachern im Anschluss an die Vorführungen. So konnte Malte Rauch »Die Rollbahn« vorstellen, Hanna Laura Klar »Elfriede & Elfriede«, Andrzej Klamt seinen Film »Carpatia« und unvergessen die langen Diskussionen, die Bert Schmitt mit dem Publikum in Lich und Witzenhausen über seinen Film »Tanz des Sisyphos« führte.<o:pdesigntimesp=1489></o:pdesigntimesp=1489>

Das Filmbüro übernimmt neben der Koordination der Reihe auch die landesweite Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und ermöglicht das Erreichen des jeweiligen Zielpublikums.

Im März 2006 folgt eine Tournee mit »Überleben in Nauheim« von Götz Penner und Paul-Rainer Wicke. Darin erläutern sechs Nauheimer Bürger ihre Überlebensstrategien an einem Ort, der als Synonym steht für Vororte am Rande von Metropolen, in denen ein hohes Pro-Kopf-Einkommen der Einwohner mit einer großen Verödung der örtlichen Infrastruktur einhereht.

Im April folgt »Er tanzte das Leben« von Marian Czura und Kuno Kruse über den jüdischen Tänzer Sylvin Rubenstein, der als Dolores zu einem Flamencostar der 50er Jahre wurde, weil die wirkliche Dolores, seine Zwillingsschwester, im Holocaust ermordet worden war.

Darüber hinaus ist ein Kurzfilmprogramm in Vorbereitung, wobei das Filmbüro auch Einzeleinsätze für das Vorprogramm organisieren kann.

Und natürlich können auch Schulvorstellungen – wie etwa bei »Die Rollbahn« geschehen – mit in die Planungen einbezogen werden.

Weitere Informationen:

Film- und Kinobüro Hessen
Tel: 069-133 796 18
info@film-hessen.de
www.film-hessen.de

*Erwin Heberling ist Mitarbeiter im Film- und Kinobüro Hessen

Kategorie: Gastbeitrag (ehemals Selbstdarstellungen von institutioneneigenen Mitarbeitern / ab GRIP 63)

Schlagworte: Institution, Filmpolitik, Kino, Festival, Filmkultur

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