GRIP 06

01.06.1993

Eine Lobby für den Trickfilm

Vom 6. bis 9. Mai diesen Jahres fand in Dresden das 1. Internationale Symposion zum deutschen Animationsfilm statt. Dresden ist der Trickfilmgeschichte in besonderer Weise verpflichtet, 35 Jahre lang befand sich hier mit dem DEFA Trickfilmstudio Dresden das größte Animationsfilmstudio auf deutschem Boden (250 Mitarbeiter).

Von Leonore Poth

Als nach dem Ende der DDR die staatlichen Subventionen ausblieben, wurde das Studio, zuletzt im Besitz des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), geschlossen. Ralf Kukula (ehemaliger Animator und Regisseur des DEFA Trickfilmstudios und Vorsitzender des Filmverbandes Sachsen), Jörg Stüdemann (Geschäftsführer des Film- und Kulturhauses Pentacon in Dresden), Thomas Basgier und Otto Alder (Filmbüro Baden-Würtemberg und ehemalige Organisatoren des Internationalen Stuttgarter Trickfilmfestivals) haben dieses Ost-West Gemeinschaftsprojekt erdacht und organisiert.
Die drei Tage waren angefüllt mit diversen Referaten zur Geschichte des westdeutschen Animationsfilms seit 1945 ebenso wie zur Geschichte des DEFA Trickfilmstudios. Rudolf Worschech vom Deutschen Filmmuseum Frankfurt schilderte die schwierige Situation der Archive, die Sächsische Filmförderung mit dem Schwerpunkt Animationsfilm wurde erläutert, Raoul Servais (Brüssel, Vorsitzender des Weltverbandes der Animationsfilmer ASIFA) berichtete von der europäischen Förderung CARTOON, und die KurzFilmAgentur Hamburg e. V. stellte sich vor (siehe Seite).
Die beiden Vorsitzenden der nationalen Gruppen der ASIFA von Ostdeutschland und Westdeutschland und der Weltverbandsvorsitzende berichteten über ihre jeweiligen Verbände. In der ehemaligen DDR hatte die ASIFA z. B. ein zentrales Archiv eingerichtet, wo Animationsfilme aus dem Ausland, die von Festivals mitgebracht wurden, den Kollegen, die nicht auf westliche Festivals fahren durften, zur Sichtung zur Verfügung standen.
Was die Arbeit des westlichen Verbandes ausmacht wurde nicht deutlich.
Sehr interessant waren die Ausführungen von Raoul Servais, der von der Gründung der ASIFA in den 60er Jahren berichtete. Damals sei es noch üblich gewesen, keine studiofremden Leute oder gar Journalisten ins Studio zu lassen, da die Tricks der Animationsfilmer wie Betriebsgeheimnisse behandelt wurden. Heute gibt es einen regen internationalen Austausch, ca. 100 Animationsfilmfestivals auf der ganzen Welt mit von der ASIFA entwickelten und kontrollierten Statuten.
Podiumsdiskussionen gab es zu den Themen Ausbildungssituation in Deutschland, zur Situation der Produzenten und Filmemacher und Animationsfilm und Fernsehen. Bei dieser Diskussion, wo jeweils ein Vertreter von MDR, RTL und MTV auf dem Podium saßen, berichtete erwartungsgemäß nur der Vetreter von MTV von einer permanenten, intensiven Zusammenarbeit mit Animationsfilmern, während die Herren von MDR und RTL eher unverblümt ihr Desinteresse am Animationsfilm äußerten, solange es sich nicht um die Simpsons handelte. Am Ende der Veranstaltung wurde die Arbeit der holländischen Trickfilmvereinigung, des belgischen Animationsfilmzentrums und das Konzept eines zu gründenden Deutschen Trickfilminstitutes vorgestellt. Sein Aufgabengebiet wird sich erstrecken auf: Trickfilmgeschichte (Archiv z. B. 750 DEFA Filme, Forschung, Ausstellungen, Sammlungen), Ausbildung (in Zusammenarbeit mit der Hochschule für bildende Künste Dresden), Produktionsberatung und Bereitstellung von Trick- und Schneidetischen, Medienpädagogik, Seminare, Pflege internationaler Kontakte und die Ausrichtung des Internationalen Dresdner Trickfilmfestivals. Um dieses Institut auf den Weg zu bringen wurde am letzten Abend eine "Gesellschaft zur Förderung des deutschen Animationsfilms e. V. " gegründet, welche inzwischen schon ein paar Erfolge vorweisen kann, nämlich die Zusage der Landesregierung Sachsen für die nichtkommerziellen Rechte am Filmstock der DEFA und für drei feste Stellen am Institut ab Januar 1994.

Kontakt:
Filmverband Sachsen e. V.
Ralf Kukula
Schandauer Straße 64
01277 Dresden

Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)

Schlagworte: Animation, Institution

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