GRIP 06

01.06.1993

Das Kommunale Kino vor dem Aus?

Gespenst der Privatisierung geht um

Von KINEMA KOMMUNAL Nr. 4/93

Zu den Institutionen, deren Bestand angezweifelt wird, gehört auch das Kommunale Kino im Deutschen Filmmuseum. Seine 'Übertragung' auf private Betreiber wird, so ist von den Koalitionspartnern zu erfahren, 'angestrebt'. Was das bedeuten würde, ist klar: das Ende des Kommunalen Kinos!
Jungen Filmemachern eine Chance zu geben - Filme, die keinen Verleih finden, zeigen - Filmgeschichte vermitteln - Zusammenhänge in Retrospektiven herstellen - Produktionen aus der sogenannten 'Dritten Welt' zu ermöglichen - Filmclubs eine Heimstatt geben - Filmwissenschaftler/- Innen zu Wort kommen lassen - Stummfilm und Musik pflegen - den Blick durch Analysen schärfen - Kinderfilm fördern - Fernsehfilmtage veranstalten - und nicht zuletzt integraler Bestandteil und Herzstück des Deutschen Filmmuseums zu sein: das alles macht das Kommunale Kino aus. Dies alles sind kulturpolitische Aufgaben, die kein 'Privater' wahrnehmen könnte.
1970 ist das Kommunal Kino in Frankfurt am Main gegründet worden, 1971 konnte es nach einem Rechtsstreit mit kommerziellen Kinobesitzern sein reguläres Programm aufnehmen. Als erstes Kino der Bundesrepublik in direkter städtischer Regie. Seine filmkulturelle Bedeutung wurde in der Folge von allen anerkannt, auch von den privaten Kinobetreibern. Das Kommunale Kino konkurriert nicht; es ergänzt, fördert, besetzt Nischen.
Das Medium Film in seinen vielen, häufig vergessenen oder wenig beachteten Facetten auf der Leinwand lebendig zu halten, und dazu beizutragen, daß das Publikum Filme sehen, beurteilen und lieben kann: das leistet das Kommunale Kino seit mehr als zwanzig Jahren. Nichts hat sich an dieser Bedeutung geändert. Im Gegenteil: in der gegenwärtigen Lage des deutschen, des europäischen Films ist der Bestand einer solchen Programmatik wichtiger denn je. Die Arbeit, die das Kommunale Kino leistet, kann von keinem kommerziellen Besitzer in Angriff genommen werden. Sie kann nur fortbestehen, wenn sich die Stadt Frankfurt ihrer kulturpolitischen Verantwortung bewußt bleibt und in ihrer Subventionspolitik den Film den anderen Künsten weiterhin gleichstellt.

übernommen aus KINEMA KOMMUNAL Nr. 4/93

Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)

Schlagworte: Kino, Filmkultur, Filmpolitik, Kulturförderung

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