GRIP 05
01.03.1993
A Cinema That Looks At Itself IV - Repression ist Zivilisation
Zur Synchronisationsverfälschung von Elio Petris "Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger"
Von Eckhard Schleifer
Nach der Vorpremiere von INDAGINE SU UN CITTADINO AL DI SOPRA DI OGNI SOSPETTO glaubte Cesare Zavattini, der große Drehbuchautor und Theoretiker des Neorealismus, Elio Petri warnen zu müssen: "Sie werden Dich verhaften"; auf so unerhörte und unglaubliche Weise war dem Regisseur sein Vorhaben geglückt, dem Zuschauer "Filmrollen an den Kopf (zu werfen), wie man Pflastersteine wirft" (Le Nouvel Observateur v. 19.1 0. 1970). Der Grund für Zavattinis Befürchtung lag in der Thematisierung von Macht(mißbrauch) und Neurose, zum ersten Mal in Italien bezogen auf die Polizei, und das im Umkreis von '68. Ein Schauspieler z. B. hatte die angebotene Rolle mit der Begründung abgelehnt, der Film kritisiere die Polizei.
Daß Elio Petri weder ins Gefängnis gesteckt wurde, noch sein Film von der staatlichen Zensur verboten bzw. durch Schnittauflagen (1) gezähmt wurde, verdankt der Regisseur letztendlich der damaligen politischen Krisensituation: Das 2. Kabinett Rumor war gerade zurückgetreten und der von den Christdemokraten gewünschte Eintritt der Sozialisten in die neue Regierung wäre durch eine Zensur des Films gefährdet worden.
Dieser politische Hintergrund ist auch verantwortlich für die Abweisung der Klage, die die Polizei wegen "Beleidigung einer staatlichen Institution" bei der Mailänder Staatsanwaltschaft angestrengt hatte. ERMITTLUNGEN GEGEN EINEN ÜBER JE DEN VERDACHT ERHABENEN BÜRGER kam also durch Absprachen hinter den Kulissen ungehindert in die Kinos, wo er einen so enormen Erfolg hatte, daß nach Aussage von Drehbuchmitautor Ugo Pirro der Straßenverkehr unterbrochen werden mußte - so lang waren die Schlangen.
Worin besteht nun der "Sprengsatz" dieser "Bombe", wie der Film oft bezeichnet wird? Ich gebe dazu ganz bewußt die Filmhandlung gemäß der (von mir leicht gekürzten) Darstellung im Presseheft der (deutschen) Columbia wieder: "An einem ruhigen Sonntagnachmittag wird in ihrer Luxuswohnung in Rom eine junge Frau umgebracht. Der Mörder, der seinem Opfer (im Bett) die Kehle mit einer Rasierklinge durchgeschnitten hat, denkt nicht daran, seine Spuren zu verwischen. Vielmehr arrangiert er sorgfältig die Indizien, die auf seine Täterschaft hinweisen müssen. (... ) Dann ruft er die Polizei an und meldet dort den Mord, um schließlich in aller Ruhe das Haus zu verlassen.
Die Tote ist Augusta Terzi, eine schon seit Jahren von ihrem homosexuellen Ehemann, einem Innenarchitekten, getrennt lebende junge Frau mit exzentrischen Allüren und Neigungen. In ihrer Wohnung (...) empfing sie (...) ihre hochgestellten Liebhaber. Zu ihnen zählte auch der Mann, der sie umgebracht hat. Denn der Mörder ist niemand anderes als der Leiter des Morddezernats im Römischen Polizeipräsidium. Jener ebenso ehrgeizige wie erfolgreiche Kriminalbeamte, den sie alle nur den 'Dottore' nennen. Und der nun - von seinem Mord ins Amt zurückkehrend - in aller Gelassenheit mit seinen Kollegen und Untergebenen seine soeben vollzogene Beförderung (... ) zum Leiter des 'Politischen Büros' (feiert). Einem Posten, dem im Zeichen der immer mehr überhand nehmenden Tätigkeit anarchistischer Gruppen besondere Bedeutung zukommt.
In dieser neuen Stellung beobachtet der Mörder aus nächster Nähe die Ermittlungen seiner Kollegen und Untergebenen von gestern im Mordfall Terzi mit geradezu sadistisch-wollüstigem Interesse. Denn ( es geht ihm um den Beweis, daß er, ) als Repräsentant der Staatsmacht und der Ordnung, über jeden Verdacht erhaben (ist). Und seien die Beweise noch so eindeutig.
Warum aber hat der Dottore überhaupt Augusta (... ) auf so brutale Weise umgebracht? (... ) In seiner Erinnerung erlebt der Mörder parallel zu den vergeblichen Bemühungen der Mordkommission, den Fall zu lösen, die entscheidenden Stadien ihres abnormen Liebesverhältnisses. Wie Augusta ihn immer wieder bat, mit ihr die Sexualverbrechen nachzuspielen, die er aufzuklären hatte. Wie sie mit masochistischer Wollust sein Opfer spielte. Und wie er in angeborenem Sadismus die Rolle des unerbittlichen Kriminalisten zu verkörpern hatte, der sie in den schauerlichen Posen dann auch immer fotografierte. Das war seine höchste Befriedigung.
Und hatte Augusta ihm nicht immer wieder voller Bewunderung gesagt, er habe die Möglichkeit, jedes beliebige Verbrechen zu begehen, weil er unantastbar, über jeden Verdacht erhaben sei? Er war dahinter gekommen, daß sie ihn mit dem im gleichen Haus wohnenden, ultralinken Studenten Antonio Pace betrog. Es gab eine heftige Auseinandersetzung, in deren Verlauf ihm Augusta ihre Verachtung über sein Versagen als Liebhaber ins Gesicht schrie und ihn so tief demütigte, wie es nie zuvor ein Mensch gewagt hatte. (... ) Nun aber hat er selbst Mühe, die Mordkommission auf die einzig richtige Fährte zu lenken. Er muß seinen einstigen Untergebenen klar machen, daß der Ehemann der Toten als Täter ausscheidet.
Er läßt Antonio Pace verhaften, der ihn als einziger beim Verlassen des Tatortes kurz nach dem Mord sah. Und er dringt in den Jungen, ihn doch als Mörder zu denunzieren. Doch der weigert sich, weil er glaubt, den Dottore für die Durchsetzung seiner radikalen politischen Ziele erpressen zu können. (... ) So bleibt dem Dottore am Ende nichts anderes mehr übrig, als sich selbst der Mordkommission gegenüber der Tat zu bezichtigen.
Er stellt sich den Behörden zur Verfügung und erwartet in seiner Wohnung die weiteren Maßnahmen gegen sich. Er schläft ein und erlebt einen seltsamen Traum, wie der Polizeipräsident mit der gesamten Mordkommission zum Verhör bei ihm erscheint.
Doch so sehr sich der Dottore in diesem Traumverhör auch bemüht, die Kollegen von seiner Schuld zu überzeugen, will niemand ihm Glauben schenken. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf... Als der Mörder wieder erwacht, sieht er draußen tatsächlich den Polizeipräsidenten mit großem Gefolge ankommen. Das richtige Verhör beginnt. Aber niemand wird erfahren, wie es wirklich ausgeht. Denn ehe sich der Dottore den Fragen der Kommission stellt, hat er die Fenster für alle neugierigen Blicke von draußen verdunkelt....
Auf der Leinwand aber erscheinen zum Schluß diese Worte von Franz Kafka aus dem 'Prozeß': 'Wie er uns auch erscheinen mag, er ist doch ein Diener des Gesetzes, also zum Gesetz gehörig, also dem menschlichen Urteil entrückt'. "
Beim Vergleich dieses Handlungsabrisses mit dem Film fällt auf, daß die Aufgabentätigkeit des "Mörders" als Leiter des "Politischen Büros" mit seiner Beförderungsfeier erledigt zu sein scheint.
Unerwähnt bleiben die lange Antrittsrede des Mörders als Chef der Politischen Polizei, die Präsentation des Archivs mit den gesammelten/gespeicherten geheimen Daten und Informationen, die riesige Abhörzentrale und das Bombenattentat auf das Polizeigebäude, das zur Verhaftung der (schon in CASABLANCA so genannten) üblichen Verdächtigen führt - ausnahmslos Studenten. Unter ihnen befindet sich auch Antonio Pace, der somit nicht aufgrund des persönlichen Motivs des Mörders (Denunziation) - wie im Columbia-Presseheft - hinter Gittern landet, sondern wegen seiner der Polizei bekannten politischen Aktivitäten (in der Deutschen Fassung (DF) ist Pace übrigens "seit Mai '66 unter Kontrolle", in der Originalfassung (OF) seit dem Signaldatum "Mai '68"). Der Verleih blendet also in seiner Inhaltswiedergabe das Wirken der Politischen Polizei sowie seines Chefs aus und reduziert die politische Dimension des Films auf die "Gegenseite": die "immer mehr überhand nehmende () Tätigkeit anarchistischer Gruppen", den "ultralinken Studenten Antonio Pace" und dessen "radikale () politische () Ziele. "
Diese Tendenz findet in der Synchronisation insofern ihre Entsprechung, als die direkt politischen Aussagen durchgängig abgeschwächt werden. Die als programmatische Grundsatzerklärung angelegte große Antrittsrede des Mörders vor versammelter "Mannschaft" (darunter in Hitchcock-Manier auch Elio Petri) gipfelt in den Worten: "Unsere Aufgabe ist es zu unterdrücken. Die Repression ist unser Impfstoff. Repression ist Zivilisation!" In der DF paßt allerdings die beibehaltene Form ("Mit schneidender Stimme und in Duce-Positur", Wolf Donner in DIE ZEIT v. 27. 11. 1970) nicht mehr zum sehr viel zahmeren und politisch unverfänglichen Inhalt: "Unsere Pflicht ist es, Einhalt zu gebieten. Unsere Pflicht ist es, jede Art von Verbrechen zu bekämpfen. Verbrechensbekämpfung ist Zivilisation! "
Die Studenten- hier trifft sich die Synchronisatiosverfälschung mit der (oben zitierten) Negativzeichnung der 68er-Generation im Presseheft - werden so durch die Strategie der Kriminalisierung zu simplen Verbrechern abqualifiziert. Dagegen spricht allein schon die Bedeutung von Antonios Familiennamen (Pace = Frieden) und die Tatsache, daß der Film explizit eine Brücke schlägt zwischen den 68ern und der Resistenza, der antifaschistischen Widerstandsbewegung: "Sie (die Studenten E. S. ) haben dieselben Namen wie vor 30 Jahren" (der Film kam 1970 in die Kinos). Dazu Petri in einem Interview: "In einem gewissen Sinn handelt es sich um eine Familientradition, oft über 5 Generationen hin. In Rom sind viele Studentenführer die Söhne meiner kommunistischen, sozialistischen und republikanischen Freunde" (in: J. A. Gili (Hg. ), Elio Petri, Nizza 1974, S. 70).
In der DF reißt nach dem Bombenattentat der Polizei (als Vater ) sozusagen der Geduldsfaden mit den ungezogenen Studenten (als Kindern) - "diesmal haben sie das Faß zum Überlaufen gebracht"-, so daß die Zeit der Nachsicht jetzt vorbei ist: "Schluß mit der Toleranz!" In der OF dagegen dient die harmlose, keinen nennenswerten Schaden anrichtende Explosion als willkommener Anlaß, endlich hart und rücksichtslos durchgreifen zu können: "Diesmal haben sie sich ruiniert. (... ) Freie Hand! Für alle! Das Konzept ist klar. "
Seit seinem Amtsantritt hat der Chef der Politischen Abteilung nämlich nichts anderes im Sinn, als "diese zersetzende, antiautoritäre Welle aus(zu)löschen", während die DF dieses Konzept zum Auslöschen "destruktiver Parolen" verniedlicht - quasi als Anweisung an Streicherkolonnen, die Wandparolen zu übertünchen.
Überhaupt ist die Synchronisation sorgsam darauf bedacht, die beiden Schlüsselbegriffe des 68er-Diskurses "Repression" und "Autorität" zu vermeiden. Hier noch zwei weitere Beispiele: Pace zum Mörder beim Verhör: "Ein Krimineller, der die Repression leidet, das ist perfekt. " Die DF kappt diesmal den politischen Aspekt völlig und läßt nur den kriminellen sinnentstellt übrig: "Ein Krimineller in deiner Stellung ist ein perfektes (Pace brüllt etwas Unverständliches)." Seine Selbstanzeige rechtfertigt der Mörder in der OF damit, daß er "das Konzept der Autorität in seiner ganzen Reinheit bekräftigen" wolle, während er in der DF seinem Nachfolger in der Mordabteilung kriminalistische Unfähigkeit bescheinigt: "Ich (erbringe) Dir und Euch den Beweis, daß Ihr alle Stümper seid, weil Ihr den Wald vor lauter Bäumen nicht seht. "
Von den drei Ebenen des Films, der "kriminellen" (Ermordung Augusta Terzis; Fortgang der Ermittlungen), der "sexuellen" (Sado-Maso- Liebesverhältnis zwischen Augusta und Mörder / Liebe zwischen Augusta und Antonio) sowie der "politischen" (Politische Polizei vs. Studenten), die wie Zahnräder ineinandergreifen (Augusta und Mörder spielen Sexualverbrechen und Verhör nach / der politische Gegner Antonio Pace ist gleichzeitig Rivale in der Liebe und einziger Zeuge des Verbrechens), ist also der "Sprengsatz" der dritten Ebene durch die Synchronisation entschärft; ausgespart bleibt der faschistoide Charakter der Polizei, abgehoben wird in der DF allein auf den Machtmißbrauch zur Vertuschung des Verbrechens: "Petris 'Ermittlungen...' sorgt nun auch in den deutschen Kinos für höchst explosiven Thriller-Zündstoff. Wagt doch der Regisseur dieses am....... in den.............-Lichtspielen anlaufenden 'Tabu-Brechers' (... ) einen hohen Polizeibeamten als eiskalten Mörder anzuklagen" (so die den Kinos an die Hand gegebenen 'Vornotizen' der Columbia.
Aus den bisher schon aufgezeigten Synchronisationsverfälschungen resultiert natürlich auch eine wesentlich positive Zeichnung der Hauptfigur (Gian Maria Volonte in einer Paraderolle) in der DF. Diese Tendenz wird durch eine Reihe weiterer "Retuschierungen" noch verstärkt. Am Telefon gibt Augusta dem Mörder klipp und klar zu verstehen: "Physisch interessieren Sie mich nicht. Sie sind zu sehr Durchschnittsitaliener, zu behaart. Natürlich schwitzen Sie viel. Ich bin sicher, daß Sie nach Schuhwichse riechen, nicht wahr? " Soviel Mut traut die DF aber Augusta nicht zu, weshalb sie sich indirekt über den Mörder mokieren muß: "Hör zu, mach Dir keine Illusionen, er interessiert mich physisch überhaupt nicht, ist zu sehr Durchschnitts-Italiener, zu behaart. Ich könnte mir vorstellen, daß er viel schwitzt. Ich bin sicher, daß er irgendwie nach Schuhwichse und billiger Seife riecht. " (Die äußerst interessante Auflösung des Rätsels, mit wem denn Augusta da telefoniert, liefert die DF jedoch leider nicht.) Auch siezt man als Journalist natürlich einen "Repräsentant(en) der Staatsmacht und Ordnung" (Presseheft) und duzt ihn nicht wie in der OF. Selbstverständlich ist eine solche Respektsperson auch überaus religiös; so will die DF den Mörder gleich zweimal die Hand eines hohen Geistlichen küssen lassen. "Nein, nein, nochmals lieber nicht, mein Lieber", wehrt dieser aber ab. In der OF existiert jedoch diese angesprochene erste Ergebenheitsbezeugung gar nicht, weil der Geistliche den Handkuß - ohne ein Wort zu sprechen - rein gestisch abweist. Die Dialogergänzung der DF steht auch im Widerspruch zum -verglichen mit Hitchcock - noch ironischeren Umgang Petris mit der religiösen Ikonographie: Einmal setzt er dem Mörder mittels einer kreisrunden Lampe gleichsam einen Heiligenschein auf und als der Chef des Politischen Büros beim Abhören eines Telefonats Antonios er fährt, daß dieser ihm von Augusta vorgezogen wird, nagelt ihn Petri sozusagen als Ausdruck seines Leidens ans Kreuz. Solche bildlichen Verweise entgehen der deutschen 'Bearbeitung', bei den verbalen ist sie aber auf der Hut: so wird aus "die Enthauptete von Castel Gandolfo" (dem Sommersitz des Papstes) "die Unbekannte aus der Seine".
Später beim Verhör gelingt es Antonio, das Machtverhältnis umzukehren: "Ich hab Dich in der Hand! " schreit er dem Mörder entgegen. Dieser wiederholt aber in der DF nicht wie in der OF Antonios Worte, als er gleich darauf seine Selbstanzeige schreibt, sondern wimmert zweimal: "Ich hab ihn in der Hand" vor sich hin - für wie blöde hält man eigentlich den Zuschauer, kann ich da nur fragen oder aber mich Enno Patalas' Ironie anschließen: "Immer noch herrschen weithin irrige Auffassungen von der Arbeit eines Synchronautors und - regisseurs. Immer noch dominiert die Ansicht, die Aufgabe eines solchen bestehe in nichts anderem als darin, die Dialoge des Originals so getreu wie möglich - das heißt unter Berücksichtigung der Lippenstellung des Sprechenden - in die eigene Sprache zu übertragen. Weit gefehlt! Die Arbeit eines Synchronisierers ist durchaus schöpferisch! Den Originaldialog schlankweg zu übertragen - wie phantasielos! Vielmehr gilt es, ihn zu interpretieren; Sinngehalte, die dem Autor selbst unbewußt geblieben sein mögen, hervorzuholen; nicht erkannte Möglichkeiten auszunützen; Schwächen zu korrigieren; ja, wo nötig, neu zu dichten. Aus einer Synchronisation, die ihre Möglichkeiten recht erkannt und genutzt hat, geht ein Film gewandelt, veredelt, erneuert hervor" (Filmkritik 11/63).
Aus soziologischer Sicht läßt sich mit Hesse-Quack (Der Übertragungsprozeß bei der Synchronisation von Filmen, Köln 1967) von "Selektionsprozesse(n)" sprechen, "mit denen die Synchronisation Gegenstände aus den Filmen herausfiltert, die zentrale oder auch weniger zentrale Werte der rezipierenden Kultur gefährden können" (S. 59). Die Synchronisation fungiert so "als Institution sozialer Kontrolle, indem sie eliminiert oder verändert, was in den ausländischen Filmen den herrschenden Konsens bedrohen könnte" (S. 56). Kurzum: Synchronisation als ideologisches Mittel zur Zementierung des Status quo.
PS: Die aufgezeigten Verfälschungen gelten für die deutsch synchronisierte Fassung von "ERMITTLUNGEN... ", die die Columbia im November 1970 in der Bundesrepublik in die Kinos gebracht hat (Bearbeitung: Aura-Film, Conrad von Molo).
Sehr interessant wäre nun ein Vergleich mit der vom DEFA Studio für Synchronisation gefertigten Fassung, die Progreß im September 1973 in der damaligen DDR "auch für Veranstaltungen in Filmclubs" und in "Studiotheater(n)" angeboten hat. Wahrscheinlich ist diese Fassung in politischer Hinsicht nicht zensiert, denn laut Veleihhinweis (Nr. 106/73) gibt Petri "einen Einblick in die inhumanen Methoden des kapitalistischen Polizeiapparates, der willfähriges Instrument der kapitalistischen Ordnung ist. "Ganz glücklich war man mit dem Film allerdings auch nicht-"Die mit optischer Attraktivität gestaltete spannende Kriminalhandlung ist dazu angetan, die kritischen Aspekte abzuschwächen" (ebd.) -, so daß zumindest die Versuchung einer Korrektur bestand.
Fazit: Was des einen Freud, ist des andern Leid.
(1) Petris erster Spielfilm "L'ASSASSINO" (wörtlich: DER MÖRDER,; Deutscher Titel: "TRAUEN SIE ALFREDO EINEN MORD ZU? ") war 1960 von der Zensur erst nach 90 (in Worten: neunzig) Schnitten freigegeben worden.
In der letzten GRIP-Ausgabe hat sich am Ende von Eckhard Schleifers Analyse ein Satzfehler eingeschlichen: Das Post Sciptum muß korrekt lauten: 'Die deutsche Synchronisation erspart allerdings Rosi die Kritik Bertoluccis, weil sie ihn in Franco Rossi verwandelt.' Im dem vorangestellten Zitat muß es entsprechend 'Rosi' lauten. (d Red.)
Kategorie: Rezensionen (Bücher und Film bzw. GRIP Kritik)
Schlagworte: Filmtheorie/Filmwissenschaft, Spielfilm