GRIP 02

01.07.1992

Der Kinotester - ELDORADO

Wer das anspruchsvolle Kino liebt, ohne sich gleich in die Gilde filmtheoretisch und -ästhetisch gestählter Cineasten einreihen zu wollen, für den dürfte das Eldorado auf jeden Fall eine zuverlässige Anlaufstelle sein. Frau Jäger, die in Frankfurt über alle Kinos, deren Namen mit dem Buchstaben E anfangen, verfügt, gelingt es, ihr Konzept einzuhalten, nämlich, der Publikumserwartung an den guten Anspruch der hier laufenden Filme gerecht zu werden.

Von Susanne Walter

Auf die Frage was im Eldorado mit Sicherheit nicht gezeigt wird, antwortete sie mit der Gegenfrage, "Wie hätten Sie denn den Wolf (Anmerkung: Der mit dem Wolf tanzt) nach dem Titel eingeschätzt?” Da Frau Jäger das Programm weit im voraus planen muß, kann es durch­ aus passieren, daß sie mit nicht mehr als dem Titel auszukommen hat, um das Konzept dieses Erstaufführungs­kinos vom Anspruch und den ”zu 90% keine Action-Filme” einzuhal­ten.

Ehrlich gesagt, ich hätte beim ”Wolf” an einen Horrorfilm gedacht und bei Kevin Costner zumindest nicht unbedingt an einen Western. Aber möglicherweise wird die Pro­grammplanung ja auch durch die Kenntnis der Verleihfirmen erleich­tert, denn NEF oder Concord, um hier nur zwei zu nennen, sind für ihre Qualität bekannt.

Solche Verleihe sind es auch, die zu­weilen ältere Schmuckstücke wieder ins Programm aufnehmen und so konnten wir unlängst ”Tage des Him­mels” von Terrence Malick sehen, je­nen Film, bei dem die reine Schön­heit der Bilder vergessen läßt, daß die Geschichte eigentlich schon bekannt ist. In den Wochen zuvor wur­de uns sogar ”Wuthering Heights”, den William Wyler mit Sir Laurence Olivier und Merle Oberon vor über 50 Jahren drehte, angeboten.

Action und Horror - die ich persön­lich übrigens nicht grundsätzlich für anspruchslos halte - laufen ohnehin schon im Royal, an dem ohnehin je­ der vorbeigehen muß, der öffentliche Verkehrsmittel benutzt und von der Konstablerwache kommend zum Eldo­rado möchte. Mit dem Auto anzureisen ist übrigens nicht empfehlenswert, denn die Parkplätze sind in der Innenstadt begrenzt.

Beim Eldorado angekommen, fällt zunächst das Foyer ins Auge. Sind die Programme der Hauptwachenkinos noch dezent angebracht, wurden Bo­den und Wände für meinen Ge­schmack zu bunt ausgelegt. Dafür ste­hen aber immerhin keine überlebensgroßen Papp-Arnold-Schwarzeneg­gers oder -Batmans herum. An der Computerkasse sind selbstverständ­lich die gängigen Kino-Knabbereien und Soft-Getränke erhältlich, was ei­nen Kinobesuch mit zum Beispiel Popcorn und Cola pro Person ca. 15.- DM kosten läßt. Die Vorführanlage wurde nach dem neusten Stand der Technik und Dolby SR ausgestattet, so daß man eine gute Projektion erwarten kann. Allerdings wird das Bild nicht durch einen Kasch sauber begrenzt. Ein Mangel, der nicht nur das Bild beeinträchtigt, sondern bei einem Kino mit derartigem Anspruch unverständlich ist.

Beim Betreten des Kinosaals offenbart dann die Architektur das ehr­würdige Alter des Kinos von über 60 Jahren. Wurde es vor 10 Jahren zum letzten Mal renoviert, so blieb noch die ans Theater erinnernde Form der Loge, deren ovales Rund mit der Deckenverkleidung korrespondiert, sichtbar. Und dann die Sitze! Ob­wohl ich mit 173 Zentimetern nicht gerade eine Riesin bin, leide ich doch bei vielen Kinos unter Blutstau in den Kniekehlen. Im Eldorado dage­gen läßt es sich selbst dann bequem in den Sesseln räkeln - vorausge­setzt, Sitzriesen nehmen hinter ei­nem Platz -, wenn der Film Überlän­ge hat. Und das scheint ja mittlerwei­le ein Zeichen für den anspruchsvol­len Film zu sein, der im Eldorado übrigens zum größten Teil nicht aus amerikanischen Produktionen be­steht, denn, wie Frau Jäger mir er­klärte, ”spiele ich vielleicht sogar mehr französische als amerikani­sche Filme”.

SCHTONK war der bisher letzte bun­desdeutsche Film im Eldorado, in dem einheimische Produktionen, wie woanders auch, eher selten vertreten sind. Ohne die Amerikaner, seien die Kinos nicht zu füllen, erklärte Frau Jäger, die nun bestimmt nicht vor gut gemachten, europäischen Pro­duktionen zurückschrecken würde.

 

ELDORADO
Schäfergasse 29
6000 Frankfurt/M
069/281348

Kategorie: Firmenportrait (GRIP FACE)

Schlagworte: Kino

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