Filmland Hessen 2/2008

01.11.2008

In die Zukunft gebeamt

Das Capitol-Kino Witzenhausen setzt auf digitale Projektion

Von Daniel Güthert

Digital - ja oder nein, das ist die Frage, vor der jeder Kinobetreiber in naher Zukunft steht. Noch ist sich die Filmwirtschaft uneins, wer die hohen Investitionskosten tragen soll, noch zögern die großen Kinoketten und Multiplexe, sich umzustellen. Rund 60.000 Euro pro System sind zu veranschlagen, wenn es der internationalen 2K-Norm entsprechen soll. Nur ein Bruchteil der etwa 4.800 Kinosäle hierzulande ist nach gegenwärtigem Stand umgerüstet. 

Doch gerade die kleineren Häuser erhoffen sich im zunehmenden Wettbewerb Vorteile und preschen vor, setzen auf die Projektion per Mausklick. So auch Ralf Schuhmacher, Leiter des Programmkinos Capitol im nordhessischen Witzenhausen. Ein Filmtheater, das sich in einem delikaten Balanceakt zwischen Blockbustern und anspruchsvollen Filmtiteln täglich neu erfinden muss. Arthouseproduktionen, Cineastenreihen, auch gehobene Kinderfilme schmücken die Programmauswahl, mit der sich das traditionsreiche, bereits 1927 eröffnete Lichtspielhaus, einen Namen gemacht hat und dafür regelmäßig mit dem Kinopreis des Bundes und des Landes Hessen bedacht wird. 

Gerade kleinere Verleiher nutzen Digitalkopien 

Trotzdem bleibt es ein Balanceakt angesichts des anhaltenden Zuschauerschwunds. Nur 30.000 Besucher zählte Schuhmacher im vergangenen Jahr für seine beiden Säle, wobei ihm nicht so sehr die Multiplexe den Garaus bereiten. »Was uns zu schaffen macht, ist das veränderte Freizeitverhalten generell, vor allem aber der massenhafte Zugriff auf Internetdownloads und die Konkurrenz der Computerspiele.« 

Vor diesem Hintergrund und trotz angespannter Wirtschaftslage hat sich Schuhmacher Anfang des Jahres zur Einrichtung eines Digitalbeamers neben der gängigen 35-mm-Projektion entschlossen. »Dadurch sind wir deutlich flexibler in der Planung und kommen an Filme, die wir sonst nicht erhalten hätten. « Mehr als die Majors gehen gerade die kleineren Filmverleiher mit Digitalversionen an den Start, da Herstellung und Vertrieb einer DVD-Kopie ungleich einfacher, sprich preiswerter zu bewerkstelligen ist. Namentlich Dokumentarfilmreihen profitieren davon. Im herkömmlichen Verfahren über teure Filmkopien fänden diese Produktionen vielfach überhaupt nicht den Weg auf die Leinwand. 

Allerdings hat sich Schuhmacher - genauso wie viele andere Programmkinos - nicht für die teure 2K-Norm (D-Cinema) entschieden, was, so Schuhmacher, allein schon aus Kostengründen nicht möglich gewesen wäre. Statt dessen hat er auf die erheblich preisgünstigere Variante des sogenannten E-Cinemas zurückgegriffen, die bei einem Preis von etwa 14.000 Euro lag. Damit kommt er zwar nur auf eine Datendichte von 1,4K, was aber angesichts der kleinen Leinwände von unter 8 Metern allemal ausreiche. »Die Bildqualität ist hervorragend.« 

Digitale Umrüstung durch Landesmittel gefördert 

Dass Schuhmacher diesen Investitionsschritt gewagt hat, ist dabei zu Teilen auch der Hessischen Filmförderung (HFF-Land) zu danken, die Projektmittel in Höhe von 45.000 Euro eingestellt hat, um ausgewählten Arthousekinos die Umstellung zu erleichtern. So kam die Projektförderung auch dem Capitol in Witzenhausen zugute - 30 Prozent des Kostenvolumens sind aus dem Fördertopf beigesteuert worden. 

Grundsätzlich ist Schuhmacher zuversichtlich, dass seine Entscheidung richtig war und sich rechnen wird, wenngleich ihm schon jetzt eine bittere Pille auf den Magen schlägt. So lehnen die Majors derzeit kategorisch ab, ihre Titel für eine Digitalprojektion unterhalb des 2K-Standards freizugeben. Disneys »Sommer « war unlängst ein solcher Präzedenzfall. Damit wäre freilich auch die Hoffnung zunichte, aufgrund des Digitalabspiels auch mal zum nationalen Filmstart an einen Blockbuster zu gelangen, was ansonsten nur im Ausnahmenfall über Zusatzkopien geschieht. Aber vielleicht ist das letzte Wort dazu noch nicht gesprochen, und die Majors überdenken ihre Verleihpolitik in diesem Punkt noch mal.  

Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)

Schlagworte: Digitalisierung, Kino, Filmwirtschaft, Kulturförderung, Filmkultur

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