Filmland Hessen 1/2008
01.08.2008
Ein Medienzentrum entsteht
Grundsteinlegung des neuen Filmhauses in Wiesbaden
Von Hermann Wygoda
Nur den Eingeweihten war vielleicht bekannt, dass einige der wichtigsten Institutionen der deutschen Filmwirtschaft seit Jahrzehnten ihren Sitz in der Hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden haben. Dazu gehören unter anderem die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), die Filmbewertungsstelle (FBW) und nicht zuletzt die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, die 1966 von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft gegründet wurde, um den Verkauf der Rechte an den rund 3.000 Spielfilmen des ehemaligen »reichseigenen« Filmvermögens ins Ausland zu verhindern.
Fertigstellung Ende des Jahres
Wenn Ende dieses Jahres das neue Wiesbadener Filmhaus fertiggestellt ist, dann wird die Bedeutung der Stadt für den deutschen Film schon am Gebäude ablesbar sein. Für das zum Wiesbadener Filmhaus gehörende Kino mit 100 Sitzplätzen hat die Münchner Architektin Anne Batisweiler bereits mit den großen quadratischen Einbuchtungen an der Fassade und der Gebäudeform die Assoziation an eine Filmrolle geweckt, so dass von außen erkennbar wird, was innen passiert. Und direkt neben dem Kino wird im Filmhaus ein Multifunktionsbereich zur Verfügung stehen, der Platz für Ausstellungen, Empfänge und Diskussionsveranstaltungen bietet.
Während der Kinosaal dann tagsüber den Prüfungsvorführungen von FSK und FBW reserviert sein soll, soll er abends für öffentliche Aufführungen aus den Beständen der Murnau- Stiftung, des Deutschen Filminstituts oder der beiden Wiesbadener Filmfestivals GoEast oder Exground genutzt werden. Bei der Grundsteinlegung im März hat der frühere Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts (CDU), unterstrichen, dass mit dem Filmhaus vielfältige Chancen ermöglicht würden »die hervorragende Arbeit der Murnau-Stiftung und der beteiligten Institutionen noch besser zu vernetzen, filmkulturelle Projekte zu verknüpfen und daraus entstehende Synergien zu nutzen.« Symbolkräftig wurde im Grundstein eine Filmdose neben Tageszeitungen und Münzen eingemauert, darin ein Ausschnitt aus einem der legendären deutschen Filme, dem »Blauen Engel« von Josef von Sternberg.
Geplant ist, dass neben den genannten Einrichtungen auch das Kuratorium junger deutscher Film, das Archiv des Deutschen Filminstituts, das Institut für Kino und Filmkultur sowie Büros von Postproduction- und Vertriebsunternehmen und auch das hessische Landesstudio des ZDF ins neue Filmhaus an der Mainzer Straße einziehen.
»Wir hätten das Gebäude inzwischen dank der Nachfrage auch noch um ein weiteres Stockwerk vergrößern können,« berichtete Helmut Poßmann, der Vorsitzende der Murnau-Stiftung. Man habe aber aus finanziellen Gründen davon abgesehen. Das Filmhaus, das von dem Idsteiner Büro Schneider + sommer entworfen wurde, kostet 7,2 Millionen Euro. Das Land Hessen unterstützt das Projekt mit knapp 1,9 Millionen Euro und seitens der Stadt Wiesbaden ist das Grundstück zu günstigen Erbpachtbedingungen bereitgestellt worden.
Erfolg kritischer Diskussion
Der Präsident der SPIO, Steffen Kuchenreuther, verwies darauf, dass die anfänglich sehr kritisch geführte Diskussion um den Standort schließlich auch durch diese großzügige Unterstützung von Stadt und Land beendet werden konnte. Kuchenreuther unterstrich, dass nicht zuletzt auch die jahrelange wertvolle Arbeit der Mitarbeiter der SPIO, der Murnau-Stiftung und der FSK für diese Entscheidung maßgeblich gesprochen habe. Diese Mitarbeiter hätte man doch »nicht einfach an einen anderen Standort« verlegen können.
Kategorie: Bericht/Meldung (GRIP INFO + Filmland Hessen-Beiträge)
Schlagworte: Institution, Filmkultur, Filmwirtschaft, Kino, Festival