filmland hessen 1/2006
01.10.2006
Kein Tag ohne Kino
25 Jahre Filmladen Kassel
Von Gerhard Wissner
Die Anfänge waren bescheiden. In mannigfacher Hinsicht. Eine leer stehende Lagerhalle wurde in Eigenregie umgebaut und eingerichtet. Technik und Ausstattung waren auf das Notwendigste beschränkt. Mit Filmnächten, veranstaltet von Studenteninitiativen an der Volkshochschule und der Kunsthochschule, war die anfängliche Minifinanzierung gesichert - zusammen mit Bürgschaften der Vereinsmitglieder. Aber das Projekt gedieh, und am 10. Juni 1981 war es soweit: unser Kino, ganz unprätentiös »Filmladen« genannt, wurde eingeweiht, getragen vom Verein »Filmladen« e.V. in Kassel. Im Laufe der Jahre wurde die Einrichtung weiter verbessert und wird heute allen erforderlichen Ansprüchen eines modernen Kinos gerecht. Die Idee unseres Lichtspieltheaters war von Anfang an, mit dem Programm neue Horizonte zu erschließen, Diskussionen hervorzurufen, zum Nachdenken anzuregen und zu unterhalten. Bis heute zeigen wir täglich bis zu vier verschiedene Titel. Besonderes Augenmerk wird bei der Repertoirezusammenstellung auf künstlerisch herausragende Filme gelegt, die im kommerziellen Kino kaum oder gar nicht gezeigt werden. Dazu zählen sozial und politisch engagierte Arbeiten, Experimental- und Dokumentarfilme, unabhängige Produktionen sowie filmgeschichtlich relevante Werke.
Zur Konzeption des »Filmladens« gehörte aber immer auch, das Programm im engen Kontakt mit dem Publikum und den Institutionen der Stadt zu gestalten, um dadurch die Auseinandersetzung mit dem Medium Film auch außerhalb des Kinos zu erreichen. Zugleich war uns stets auch der Bezug zu anderen kulturellen Ereignissen der Stadt wichtig, in dem wir Austeilungen der documenta oder der Kunsthalle Fridericianum cineastisch begleitet haben. Und immer wieder war unser Kino Uraufführungsort für die heimischen Filmemacher, wie etwa mit der Premiere des grandiosen, oscargekrönten Animationsfilms »Quest« von Tyron Montgomery und Thomas Stellmach (Kunsthochschule Kassel).
Neben dem Kinobetrieb wurde im Laufe der Jahre auch eine breite Palette weiterer Aktivitäten entwickelt. So veranstaltet der »Filmladen « zum Beispiel seit 1982 das Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest. Seit 14 Jahren machen wir das Open Air Kino im Hof des Kulturhauses und seit 20 Jahren auch das Kinderfilmfest in den Oster- und Herbstferien. Zudem finden sich regelmäßig Film- und Livemusik- Veranstaltungen in unserem Programm.
So konnten wir in 25 Jahren Kinoarbeit mehr als eine Million Zuschauer in über 5.000 Filmen und mehr als 30.000 Vorstellungen begrüßen. Die Zahl der Filmreihen in den Jahren geht in die 300 Angebote, und weit mehr als tausend Gäste - Regisseure, Schauspieler und Referenten - haben mit unserem Publikum diskutiert. Das Engagement ist denn auch nicht nur durch den Kulturförderpreis der Stadt Kassel gewürdigt worden, sondern auch 17 Mal durch den Hessischen Kinopreis und 18 Mal durch Auszeichnungen des Staatsministers für Kultur und Medien für ein hervorragendes Jahresfilmprogramm.
In unserem Jubiläumsjahr wollen wir unsere Leidenschaft zum Kino gerne auch mit anderen teilen. Aus diesem Grund lassen wir eine erfolgreiche Reihe vergangener Jahre wieder aufleben: »Mein Lieblingsfilm«. Zehn Kasseler Filmfreunde haben wir gebeten, ihren ganz persönlichen Wunschfilm auszusuchen. Und von Mitte Juli bis Mitte Dezember überlassen wir unser Kino verschiedenen »Liebhabern« der Filmkunst in der Stadt, wie Bürgermeister Thomas-Erik Junge, Intendant Thomas Bockeimann (Staatstheater Kassel) oder Roger M. Buergel, dem künstlerischer Leiter der documenta 12, um gemeinsam den ausgewählten Film zu sehen und mit ihnen über die Motive ihrer Wahl zu diskutieren.
Weitere Informationen
Fiimladen Kassel e.V,
Goethestraße 31, 34119 Kassel
www.filmladen.de,
info@filmladen.de
* Gerhard Wissner ist Mitarbeiter im Filmladen Kassel
Kategorie: Gastbeitrag (ehemals Selbstdarstellungen von institutioneneigenen Mitarbeitern / ab GRIP 63)
Schlagworte: Kino, Filmkultur, Festival